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Immer kömmt man hier wieder auf den Dvmplatz
zurück, welcher gleichsam das Herz der vielbewegten Stadt
bildet. Und dann gibt denn der Dom selbst gar Man-
cherlei zu schauen, ju denken und zu reden. Sein In-
neres gewährt auf den ersten Anblick einen größeren
Eindruck als selbst jener von Köln. Aber bep längerem
Verweilen, bey tieferem Eingehen auf das Einzelne,
wird man vom Kölner Werke immer mächtiger angezo-
gen, erregt, ja bezaubert. Hier aber tritt nun Manches
störende dem ungetheilten Genüsse in den Weg. Doch
hat man freilich hier immer ein Ganzes und Vollende-
tes vor den Augen ; dort aber nur wehmutherregende
Ruine. • Was die Fa?ade der hiesigen Cathedrale betrifft,
so ist sie immerhin durch die Masse, die Pracht, und
den Aufwand des Schmuckwerkes impvnirend: Doch ist

und bleibt denn doch dieser pellegrinische Baustyl dem
gothischen fremd, und dann fehlt es an einem Thv"ne;
denn diese fast moscheenartige Kuppel ist denn doch zu
stumpf und unbedeutend, um in irgend einem Grade die
Wirkung des Ganzen zu steigern.

Den taten.

Wie hoch Rafael stehe, wie unvergleichlich und un-
ersetzlich er ist, das fühlet man l,ier schon recht lebendig.
Die Stadt ist fr' reich an Kunstschätzen ; der herrlichsten
Bilder ist eine Fülle in dev Brera; Kirchen und Palläste
sind mit Fresken und Oelgemälöen reichlich geschmückt;
Sie Baumeister haben das Ihrige gethan, der Stadt An-
sehen zu verschaffen; aber immer sehnt mau sich nach
dem vergilbten und geflickten Carton zurück, und wird
es nicht satt aus den halbverlöschten farblosen Gruppen
sich mit Leben , Geist und Seele anzufchöpfen, und den
zu lieben und zu bewundern, der allein nichts mehr zu
wünschen läßt, als daß mau ihn gesehen, gekannt, ihm
gehuldigt hätte.

Je öfter wir ihn sehen, je neuer und reicher er-"
scheint er uns, und wir müssen uns immer mit Gewalt
von dem Werke losreißen. Und worin besteht der Zau- '
Lee, den dieser Meister ausübt? Darin, daß er die ;
Kunst der Natur — und die Natur der Kunst in so j
gleichem Maasse dienstbar gemacht hat — daß der Genuß, j
ife« beyde geben, von seinem Werke in einen Gesammt- :
genug verschmilzt, der in gleichem Grade erfreut und
erhebt. Daß er aber so ganz unser Herz gewinnt, hat i
et freylich sein-m Naturell zir verdanken, das' in seiner :
ganzen^ Heiterkeit, Jugendlichkeit, Klarheit und Liebens-
würdigkeit aus seinem Werken hervvrstrablt. Und dann
ist er für dis Frauen, evem wieder gemächlich - und für
die Männer ernst genug: Kurz es ist eine Welt in sei-
»cu Werken,, und wenn, er die Jungen begeistert und

heranzieht, macht'er die Alten wieder zu Kindern, und
die Afterweisen zu Schanden»

Daß er so ganz den Geist des Lebens, den Sinn je-
der Regung und Bewegung verstanden, mit der Bedeu-
tung jeder Aufgabe gleich im Klaren gewesen, und was
eben dem Künstler frommt und ziemt überall gleich her-
ausgefunden ; das Alles ist es «icht, was uns so st-cu-
nen machen muß — wohl aver, daß er Alles, was er
wußte und wollte, auch in diesem Grade und mit dieser
Leichtigkeit und Sicherheit konnte und vollbrachte. Hierin
gränzen seine Gaben oas Wunderbare, und können
in einer höher» -sollkommenheit wohl gar «icyr geoacht
,verden. Das Köstlichste der Formen hat er der Natur
gb^omert, gleichsam im Fluge ihr abgenommen und in
/unem. Werke vereinigt. Die Geheimnisse des inner»
Lebens hat er offenbar gemacht, den Geist auf die Ober-
fläche herausbeschworen, und ihn in seiner ganzen Nackt-
heit überrascht. Und das alles immer — wie ein weiser
Mechaniker — mit dem geringsten Kraftauswande. Denn
immer scheint in Köpfen und Gliedmaßen noch fast das
Modell durch, und doch ist Allem durch den schöpferischen
Hauch der belebenden und erbebenden Kunst, jene ideale,
welthistorische Bedeutung eingegossen, die sich als das
höchste und wahre Ziel der Kunst darstellt. Kürz er bat
den Punkt überall gefunden, wo Kunst und Natur» der
Stoff und der Geist' identisch werden. Da ist keine Spur
von Trockenheit mehr, sondern jeder Strich der Meister--
Hand ergießt sich im höchsten Lebensschwunge; selbst di«
Gewänder reden und handeln mit, andeutend in den
Bewegungen ihrer Masse», in dem Typus ihres Wur-
fes — das was eben geschehen ist, und das was nun
kommen muß; ohne Prunk von Kenntnissen ist überall
von dem Entscheidenden ein verständiger Gebrauch ge-
macht, und in dem Wesentlichen auch immer das Unter-
geordnete zugleich mit erschöpft.

(Die Fortsetzung folgt.):

Kllnsiiiachti'chte» aus Beklnr..

(Beschluß.).

x. V o n W i l h ei« W a ch:.

Die Inngfrarn Mari«, mit dem Iesüs-.
kinde. — Die Jungfrau Maria hält die Weltkugel^
worauf Christus das Kreuz pflimzt, und — unterstüzlr
von der Mntterhand — die Welt segnet. Mutter unü>
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