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Nr. 102,

Kunst-Blatt.

Donnerstag, den 21. December 1326.

Kunstausstellung in München,
iv.

Das lebensgroße Bildniß Sr. Majestät des Königs,
von Stieler, gehört ohne Zweifel zu den besten Bil-
dern, welche dieser Künstler gemalt hat. Der Monarch
steht im Krönungsornat von weißem Atlas mit gvldge,
stickten: Purpurmantel, und seine Rechte, welche das
Sccpter hält, ruht auf der Verfassungsurkunde. In den
Zügen des Gesichts drückt sich der Wahlspruch aus, wel-
cher im Hintergrund an der Wand geschrieben steht:
„Gerecht und beharrlich" und dieß ist, außer Thor-
waldsen's Büste das einzige ähnliche Bildniß, das wir
von unserem König besitzen. *) In der ihm eigenthüm-
lichen kräftigen Haltung steht er hier vor uns als Be-
schützer der Verfassung, und im Hintergründe durch die
Säulen öffnet sich der Blick auf das am frühsten unter
allen seinen Werken von ihm entworfene Denkmal vater-
ländischen Ruhms, die Walhalla. Um die Ausführung
des Bildes zu würdigen, müssen wir hauptsächlich der
täuschenden Behandlung der Stoffe und Stickereyen ge-
denken , wvbey wir jedoch nicht in Abrede stellen können,
daß unter den Falten der Gewänder sich etwas mehr
die Formen des Körpers ausdrücken sollten. Wenn Viele
den Ton des Bildes etwas dunkler und kräftiger wünsch-
ten, können wir ihnen nicht Unrecht geben; es liegt aber
in der Art dieses Künstlers ins Helle zu malen, und der
Tadel wäre so lang als überflüssig anznsehen, als die
Farben nur saftig und durchsichtig bleiben.

Obgleich Hrn. Stieler nicht leicht eine Aehnlichkeit
mißlingt, erschien doch unter seinen übrigen Gemälden
ein männliches Brustbild von so treffender Wahrheit,
daß es jeden überrascht, und es blieb hier ebenfalls als
Folge jener eigenthümlichen Art nur etwas männlichere
Farbe z« wünschen übrig.

*) Der Kopf dieses Bildnisses ist von Hrn. Pilot, sehr
schön in gleicher Größe lithograpliirte. dabey aber, statt des
KrömmgsornalS die CcneralSnniform gewählt worden.

Dagegen fällt ein weibliches Brustbild von der Hand
der Frau v. Frei)b erg eben so wie die historischen Bil-
der, deren wir schon früher gedachten, etwas zu sehr ins
Bräunliche. Dieß ist aber auch die einzige Ausstellung,
die wir an diesem ausgezeichnet vortrefflichen Bilde zu
machen wüßten. In diesem Kopfe ist eine Wahrheit,
Sicherheit des Charakters, Ruhe des Ausdrucks, Run-
dung und Modellirung der Formen und eine Natürlich-
keit des Fleisches, welche an venetianische und nieder-
ländische Bildnisse früherer Zeiten erinnert und es ge-
währt ein wahrhaftes Vergnügen, zu sehen, wie die Pin-
selführung dem Werke der Natur nahe gekommen ist. —
Etwas weniger ist dieß erreicht in einigen sehr lieblichen
Kinderbildnissen, welche begreiflich machen, wie die Künst-
lerin für die Darstellung dieses Alters auch in histo-
rischen Bildern sich eine Lieblingsphpsiognomie wählen
konnte.

Von ausgezeichneter Kraft und Wahrheit in Farbe
und Rundung war eine Reihe von Bildnissen ^geistlicher
Herren von Professor Kellerhvven. Die Köpfe sind alle
schön modellirt und mit kräftigem Pinsel ausgeführt und
der reiche geistliche Ornat gibt der Anordnung eben so
viel Malerisches, als dem Pinsel Gelegenheit zur Dar-
stellung mannichfaltiger und schwieriger Stoffe.

Ein weibliches Bildniß, welches Hr. Rhvmberg
sehr schön, mit großer Wahrheit und vielem Geschmack
ausgcführt hat, gibt uns zugleich Veranlassung, einer
heiligen Familie von demselben Künstler zu gedenken,
welche bey den historischen Bildern hätte erwähnt wer-
den sollen. Dieses Bild hat etwas Freundliches und
Inniges, und zieht bey längerer Betrachtung mehr an,
als man von der Einfachheit der Composition erwarten
könnte. Auch ist die Ausführung, wie in dem erwähnten
Porträt, sehr sorgfältig und naturgetreu.

Als besonders verdienstvoll nennen wir noch einen
männlichen Kopf von Professor Ha über, mehrere männ-
liche Bildnisse vom Grafen August v. Seinshoi»,
ein kleines Bildniß in ganzer Figur von Murei, das
Bildniß eines Malers von Lieutenant Meirner, und
b,s eines Achenthalcr Mädchens von Bodmer, welches
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