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Nr. 5r

Kunst-Blatt.

Montag, d e n -Z. Juni 1827.

Anfänge der italienischen Kunst.

VI.

Frü hefte Malere» in Siena.

(Sottfrtjmu).)

14. PilatuS laßt Jesus an der Säule
geissein. Pilatus steht und gibt mit der ausgestreck-
ten Neckten Befehl zu der Geisselung. Auf dem Ge-
sichte Jesu liefet man, daß er Schmerz erträgt, «der mit
Geduld.

,5. Jesu wird die Dornenkrone aufge-
sezt. Pilatus sizt zur Rechten und sieht hinein in die
getümmelvolle Scene, als sehe er verwundert zu, wie
weit die Feinde Christi es treiben würden und wie lange
er solcke Qualen auszuhalten im Stande sey. Bor Je-
sus und zu seiner Seite knieen mit höhnischen Mienen
seine Feinde und strecken spöttisch bittend die Hände zn
ihm aus. Von hinten wird ihm die Dornenkrone auf-
gedrückt. Den andern Pharisäern zur Linken ist es an-
zusehen, daß cs ihnen schon ganz recht ist, wie Jesu mit-
ge'pielt wird, aber es ist ihnen doch noch lange nickt
genug, sondern ihre Entwürfe gehen weiter m die Ferne,
und sie werden erst mit dem Tode ihres Feindes zur
Ruhe kommen.

16. Jesus wird seinen Feinden überge-
hen. Pilatus ist von seinem Stuhle ausgestanden und
läßt sich von einem Diener Wasser über die Hände
gießen. Zwe» Feinde Jesu führen diesen in ihrer Mitte
hinweg. Einer von ihnen sieht sich noch einmal nach
Pilatus um, als ob er eben sagte: Sein Blut komme
über mick. Der Andre steht Jesus von der Seite an,
mit boshafter Freude, über das endlicke Gelingen seiner
Wünsche. Dieser Triumph, diese Genugtbnung, daß ihr
Todfeind nun ganz in ihre Hände gegeben ist, spricht
auch aus den Augen der Pharisäer, an denen Jesus vor-
üdergcsührt wird.

17. Je,us wird z ur Kreuzigung geführt.
Der volle Zug ist im Vorüberziehen und scheint nur \

eben einen Augenblick anzuhalten. Ein Hvherpriesrer zur
Rechten, der den Zug anführt, sieht sich um und drückt
Unwillen über den Stillstand aus. Neben ihm ist Si-
mon, der widerwillig das Kreuz trägt und im Begriff
ist auch den Augenblick zu benutzen, das Kreuz niederzu-
setzen und auszuruhen. Ein Pharisäer, derselbe, derben
Erlöser bey Pilatus verhöhnte, legt seine Hand auch hier
an ihn, um ihn nach dem Richtplatz fortzureißen, auf
welchen er mit der Linken hinweiset. So treibt ihn auch
von der andern Seite einer seiner Henker erbarmungs-
los vorwärts, neben welchem ein andrer geht, der den
Korb mit den Kreuzigungsgeräthsckaften in der Hand
bat. Zur Linken folgt der Zug der betrübten Weiber,
die mit tiefem aber edlen Schmerz auf den Theuren Hin-
blicken und mit ihren Händen ihn scheinen zurückhalten
zu wollen. Mitleidsvoll erwidert er ihre Blicke und
diese stumme Unterredung der innigsten Liebe mitten
unter der rohesten, erbarmungslosesten Gewaltthätigkeit
racheschnaubender Feinde bringt eine um so tiefere Rüh-
rung hervor, je deutlicher und entschiedener der Maler
in dem ganzen vollen Bilde Alles nur dem Ausdrucke
dieser beyden Ideen dienen läßt. So scharf nun auch
der Kontrast dadurch wird, so ist darum doch die ästheti-
sche Versöhnung nicht minder vollständig, da be» glei-
chen Anforderungen an unsre Theilnahme das beruhigende
Gefühl, welches die Liebe erweckt, das Gefühl des Ab-
scheues, welches uns der Haß, den wir sehen, einflößt,
nicht zum Uebergewichte kommen läßt. Hinter den Wei-
bern ist noch eine Menge von Soldaten und Volk.

,8. Die Kreuzigung. Zur Rechten haben sich
die Feinde des Herrn auf einen Haufen versammelt, als
vb sie nach einem wohl vollbrachten Werke nun seyern
könnten. Mit kaltem Hohn zeigen Einige zu ihm hin-
auf, als ob sie ausriefen: Da hängt der König von
Juda! Andre führen ihre Hand über das Gesicht zum
Ausdruck der vollendetsten Genugthuung und Zufrieden-
heit. Doch bat einige Andre noch nicht die Furcht vor
seiner übermenschlichen Gewalt ganz verlassen, sondern
sie sehen bedenklich zu ihm hinauf. Zur Linke» ist die
i Gruppe der Freunde und Freundinnen des Gekreuzigten.
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