Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
363

an der Zahl waren. Auch liegt unweit davon ein klei-
nes Wäldchen, in welchen man ehemals Gebäude einer
wendischen Kolonie, nebst einem Tempel sah, auf dessen
Stelle die schon lange eingegangene Hohlenterger Kapelle
stand, von welcher jezt noch einige Spuren sichtbar sind.
An den Stellen der Wohngebäude fand mau hie und da
einige kleine Blechmünzen, die dem Uten Jahrhundert
angehören mögen, und von welchen Gold fuß Tab. VI.
einige abbilden ließ. Dieses erregte den manchen Geld-
gierigen den Eifer, die nicht weit davon gelegenen Grab-
hügel zu durchwühlen. Später machten mehrere Schrift-
steller, die auch in andern Gegenden solche Grabhügel
entdeckten, das größere Publikum darauf aufmerksam.
Mehr aus Liebhaberey für die Gcfchichtskunde, als
aus Gewinnsucht, veranlaßten hiernach Andere Nachgra-
bungen. Diese hie und da einzeln angestelllen Versuche
blieben nicht unbelohnt. Sv ließ Prof. Goldfuß, und
nach ihm der Däne Dr. C. Dingel mehrere solche Grab-
mälcr offnen. Lezterer fand im September 1819 in fünf
Gräbern außer einigen Fragmenten von Urnen und
Menschenknochen einen kupfernen Knopf mit hohlem Stiel,
einen eisernen Ring u. dgl. Von dieser Zeit an wur-
den wohl noch manche Gräber planlos geöffnet und eher
zerstört als regelmäßig untersucht. Schon lange hegte
auch ich den Wunsch, einige dieser Gräber offnen zu las-
sen, doch erst im Herbste dieses Jahres kam ich dazu,
und zwar in Gesellschaft der Freyhcrren August und
Ludwig v. Rufini und Adam Bürgers, jene Gegend
zu besuchen, und einige wendische Grabhügel öffne» zu
lassen. Zwar war auch dießmal zu einer näheren Unter-
suchung die Zeit zu kurz, indem wir nur einen einzigen
Tag dazu verwenden konnten. Doch waren wir durch
unsere Aufsicht beflissen, die möglichste Sorgfalt anwen-
den zu lassen. Bei) Eröffnung des ersten Grabes befolg-
ten wir die fast allgemein angenommene Regel, auf
zwey Seiten bis an den Mittelpunkt desselben zu gra-
ben. Diese Forschungen gaben wohl einige Ausbeute von
menschlichen Knochen, Urnen und Asche, doch konnte man
dadurch unmöglich einen Begriff von der innern Bauart
der Gräber erhalten, indem wir immer auf größere und
kleinere Steine stießen. Wir beschlossen daher vorerst ei-
nen Grabhügel gänzlich abräumen zu lassen. Da über
denselben schon mehrmal hinweg geackert worden war, so
ließ sich seine ursprüngliche Gestalt nicht genau mehr er-
kennen. Seine Höhe mochte sich ungefähr auf l- Schuh,
die Länge auf 42, und die Breite auf 38 Schuh belau-
fen. Nachdem die obere Erde behutsam zum Theil hin-
weggeschafft war, fanden wir dieses Grabmal mit Stei-
nen sorgfältig zugeschichtet. Der obere Aufwurf der Erde
mochte wohl - Sckuh, an den äusseren Enden der Steine
aber 5 Schuh betragen haben. Die innere Hohe des Grab-

gewölbes konnte wohl 4 Schuh messen. Kreuzwels durch
das Grab gingen aus großen Steinen trocken aufgeschich-
tete Stützmauern, welche die steinerne Bedachung tru-
gen. An dem Fuße jener untersten waren, wie dieß ge-
wöhnlich der Fall ist, um einen Gegendruck zu bewirken,
große Steine angebracht, die als Widerlager dienten.
Nachdem wir diese Steinschichten weggeräumt hatten,
fanden wir in der Nahe der innern Stützmauern einige
Fragmente von Urnen und anderen Gesäßen, menschliche
Knochen, besonders Hirnschädel, einen Armring von
Bronze und einen kleinen Fingerring von dem nämlichen
Metalle. An den äußern Enden der Grabwölbung zeig-
ten sich am Boden Spuren von Aschenhaufen.

Diese Nachgrabung gab also das Resultat, daß die
wendischen Grabmäler dieser Gegend Höhlungen bildeten,
die aus rohen, länglichten Steinen über kreuzweise auf-
gerichteten trockenen Mauern als Stützpunkten gewölb-
artig erbaut wurden. Ein solches Grab diente wahr-
scheinlich als Familiengrab, so daß man bey jedem Sterb-
fall die Urne oder den Leichnam dahin bepsezte. Daß
man Urnen und Knochen ganz nahe bcysammen findet,
könnte wohl so anzunehmen sevn, baß die Höchsten der
Familien verbrannt wurden, die andern aber, vorzüglich
Kinder, nur so beygesezt worden sind. Daher trifft man
so häufig in diesen Gräbern Kinderknochen an. Auch
lagen die sännntlichen Urnen - und andere Gefäß-Reste
nicht allein in der Nähe der großen Steine, sondern in
dem ganzen Grabhügel zerstreut. Die Gefäße scheinen
alle wegen ibrer regelmäßigen Form auf einer Scheibe
gefertigt worden zu sepn. Die Proportion ist gut beob-
achtet; sie bestehen aus Thon mit Quarzsand und Kohle
vermengt. Manche haben aussen einen Ueberzug von
röthlichem Tbvn, und sind hie und da mit Zierathen
versehen. Oden haben diese Gefäße alle einen Rand,
und wenn man sie sorgfältig abbürstct, so bekommen sie
einen Glanz, der den Glaffuren unserer jetzigen Töpfer-
geschirre ähnlich ist. Es wäre sehr zu wünschen, daß
man in Franken, welches so reich an dergleichen Gräbern
ist, mehrere und genauere Untersuchungen, als ich sie
in der Kürze der Zeit zu machen im Stande war, an-
stellte. Besonders sollte die Gemeinde Wetschenfeld dahin
trachten, ein solches Grabmal in seiner ursprünglichen
Gestalt wieder herzustellen, dasselbe zuerst gehörig ab-
räumen lassen, dann die Wölbung der Steine wieder er-
gänzen und im Innern sorgfältig ausräumen. Ein sol-
ches Grab würde dann gewiß häufigen Besuch von Frem-
den, welche die dortige schöne Gegend durchwandern, er-
halten, und dadurch auch dem Orte einträglich sevn. Eine
leichte Bedachung und Verschluß müßten dann auf jeden
Fall angebracht werden.
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen