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Sie hatten nicht nur Theil a» der Entdeckung de- Hrn.
Masi, sondern waren so glücklich, noch eine dritte
Kammer zu finden, deren Gemälde an Schönheit und
Bedeutsamkeit die der beyden andern Hypvgäen noch bey
weitem übertreffen. Aus einem Briefe des Hrn. Baron
v. Stackelberg gab das Kunstblatt vom rZ. August d. 2-
darüber vorläufige Nachricht, zugleich aber auch die Mel-
dung , daß er mit seinen beyden Freunden beschäftigt sei),
diese Grotten genau zu vermessen und ihren Inhalt an
merkwürdigen Bildern auf das sorgfältigste zu zeichnen.
Da ihm die Entdeckung von solcher Wichtigkeit schien, daß
er sie denjenigen, welche seine und seiner früheren Gefähr-
ten Reise in Griechenland verherrlichten, gleich setzet, be-
schloß er, sie ungesäumt zu einem Werke unter dem Titel
„AeIteste Denkmäler der Malerei) oder Wand-
gemälde aus den Hypogäen vou Tarquinii" zu vereini-
gen, dessen Herausgabe unser jetziger Mitbürger, Herr
Baron v. Cotta, übernommen hat. An ibn sind in der
lezten Woche seines Aufenthaltes unter uns die genauen
und vortrefflichen, großen Theils kolorirten Zeichnungen
jener Kunstwerke eines fernen Alterthumes eingesendet
worden, *) und ich ergreife mit Freude die Gelegenheit,
sie Ihnen zur Einsicht vorzulegen, wenn ich noch einige
Bemerkungen werde vorausgeschickt haben.
Die Zeichnungen der Gemälde mit hetrurischen In-
schriften und in hetrurischem Style übertreffen bey weitem
Alles, was in dieser Gattung bis jetzo bekannt war, au
Treue und Charakter der Auffassung, so wie sie auch durch
ihre Bedeutsamkeit und die Mannigfaltigkeit der Gruppen
den bisher bekannten weit vorangehen. Es sind Spiele der
verschiedensten Art, des Ringens, des Faustkampfes in Ge-
genwart von Kampfrichtern, zwischen Lorbeerbäumen und
Kränzen, die den Siegern bestimmt sind, Jünglinge, die
ihre Kränze vom Wettrennen heimbringen, oder noch im
Kampfe begriffen sind. Alles in einem Friese, der den
vbern Theil der Wände dieser Gemächer umgibt, ausgc-
breitet und wohl geordnet, und in der eigenthümlichen
Art mit Leichtigkeit und Gründlichkeit ausgeführt. Man
hält solche Darstellungen in Gräbern gewöhnlich für Lei-
chenspiele; aber ihnen sindjnicht gemäß die Festzüge voll
bacchischer Lust, noch auch jene Vorstellung einer männ-
lichen Figur, vor einem flachen Altar, deren Fascinum,
wie anderwärts Götterbilder und andere Denkmä-
ler des Kultus, mit einer herabhängcnden Binde ge-
schmückt ist, während ein Mann in vorgebogener Stel-
lung ihm über den Altar einen Fisch wie zum Opfer
entgegenhält, eine Scene, welche sich wohl auf die Fas-
*) Dieselben solle» in Umrissen lithographirt und zum Thcilc
kolorirt baldigst dem Publikum vorgelegt werden, und
sind als die einzigen vollständigen »nb authentischen Nach-
bildungen jener Grabgemälde zu betrachten.
clnatio bezieht und uns ein Bild des den- Fasemus zu
gewähren scheint, welchem zur Abwendung der Folgen
großen Neides geopfert wurde. *) Ihm gegenüber ist
eine Scene der Bckränzung, wenigstens wird' sie vorbe-
reitet, denn der eine Mann in ihr hat beyde Hände voll
Lorbeerreisern, die er dem andern zu bringen scheint, und
der dcus Fascinus wäre also hier eben so an seiner Stelle,
wie an dem Wagen der Triumphatoren.
Einige Gruppen haben allerdings Bezug auf die Ver-
storbenen, denen die Grotte gewidmet ist, und so scheint
Taf. XXX. die Frau mit erhobenen Händen gegenüber
einem bärtigen Alten, der sich auf einen flöteblasenden
Knaben stüzt, die Abgeschiedene, welche zwischen Lorbeer-
sträuchern vom Bacchus mit dem Trünke der Begrüßung
empfangen wird. Zu beyden Seiten dieser Gruppe hal-
ten zwep Jünglinge zu Roß mit Siegeskränzen. Dieselbe
weibliche Figur kommt mit den beyden Jünglingen noch
einmal vor Taf. XXXII., wo diese von ihren Pferden ge-
stiegen sind und sie begrüßen. Die Kampfscenen aus den
Festspielen, welche hier abgebildet wurden, sind demnach
solche, in denen sich einzelne Glieder von der Familie
der Verstorbenen verherrlicht haben, derKvmos, welcher
Taf. XXXII. abgebildet ist. winde zur Feyer ihres Sie-
ges begangen, und die Gegenwart der sieggekrönten Jüng-
linge bey dem von Dionysos empfangenen Trünke in
der andern Grotte bedeutet, daß der Ruhm dieses ein-
heimischen Erfolges die Glieder des Hauses bis über das
Loben hinnuS begleitend erachtet wurde.
(Der Beschluß folgt.)
*> Dem großen Neide wurde, wie bekannt, zauberische Kraft
beyqelcgt, n»d sein Kotov opjitx. sorgfältig vermieden.
Auch übermäßiges Lob, weil cs den Neid dämonischer
Mächte rege macht, schadet, besonders schönen Kindern.
Als Geqcnzanbcr ward das Fascinum betrachtet, und
nach Varro de L. L. VI. 8. diese turpicula res dem
Knabe» um den Hals gehängt, als Zeichen des sie bc-
schüyenden Gottes. Wie aber ihnen, so war er auch den
Triumphatoren heilsam, denen man sein Bild unter den
Wagen band, die Folgen des Neides abzuwcnden. Die
Westalinnen ehrten diesen Gott bey den römischen Opfern
wahrscheinlich unter den übrigen diis avcrruncis. Plin.
H. N. XXVIII. 4.
K u p f c r si i ch k tt li d e.
Kritisches Verzeichniß der Kupferstich-
und Hanchze i ch n stn gen - Ssssti ml u nst, so wie
eines seltenen Mänuscripts, einiger Kunstbücher und
anderer Kunstgegenstände, welche aus dem Nachlasse des
zu Bamherg verstorbenen Dr. Med. Adam Ziegler,
durch das k. b. Kreis - und Stadtgericht in Bamberg in
Sie hatten nicht nur Theil a» der Entdeckung de- Hrn.
Masi, sondern waren so glücklich, noch eine dritte
Kammer zu finden, deren Gemälde an Schönheit und
Bedeutsamkeit die der beyden andern Hypvgäen noch bey
weitem übertreffen. Aus einem Briefe des Hrn. Baron
v. Stackelberg gab das Kunstblatt vom rZ. August d. 2-
darüber vorläufige Nachricht, zugleich aber auch die Mel-
dung , daß er mit seinen beyden Freunden beschäftigt sei),
diese Grotten genau zu vermessen und ihren Inhalt an
merkwürdigen Bildern auf das sorgfältigste zu zeichnen.
Da ihm die Entdeckung von solcher Wichtigkeit schien, daß
er sie denjenigen, welche seine und seiner früheren Gefähr-
ten Reise in Griechenland verherrlichten, gleich setzet, be-
schloß er, sie ungesäumt zu einem Werke unter dem Titel
„AeIteste Denkmäler der Malerei) oder Wand-
gemälde aus den Hypogäen vou Tarquinii" zu vereini-
gen, dessen Herausgabe unser jetziger Mitbürger, Herr
Baron v. Cotta, übernommen hat. An ibn sind in der
lezten Woche seines Aufenthaltes unter uns die genauen
und vortrefflichen, großen Theils kolorirten Zeichnungen
jener Kunstwerke eines fernen Alterthumes eingesendet
worden, *) und ich ergreife mit Freude die Gelegenheit,
sie Ihnen zur Einsicht vorzulegen, wenn ich noch einige
Bemerkungen werde vorausgeschickt haben.
Die Zeichnungen der Gemälde mit hetrurischen In-
schriften und in hetrurischem Style übertreffen bey weitem
Alles, was in dieser Gattung bis jetzo bekannt war, au
Treue und Charakter der Auffassung, so wie sie auch durch
ihre Bedeutsamkeit und die Mannigfaltigkeit der Gruppen
den bisher bekannten weit vorangehen. Es sind Spiele der
verschiedensten Art, des Ringens, des Faustkampfes in Ge-
genwart von Kampfrichtern, zwischen Lorbeerbäumen und
Kränzen, die den Siegern bestimmt sind, Jünglinge, die
ihre Kränze vom Wettrennen heimbringen, oder noch im
Kampfe begriffen sind. Alles in einem Friese, der den
vbern Theil der Wände dieser Gemächer umgibt, ausgc-
breitet und wohl geordnet, und in der eigenthümlichen
Art mit Leichtigkeit und Gründlichkeit ausgeführt. Man
hält solche Darstellungen in Gräbern gewöhnlich für Lei-
chenspiele; aber ihnen sindjnicht gemäß die Festzüge voll
bacchischer Lust, noch auch jene Vorstellung einer männ-
lichen Figur, vor einem flachen Altar, deren Fascinum,
wie anderwärts Götterbilder und andere Denkmä-
ler des Kultus, mit einer herabhängcnden Binde ge-
schmückt ist, während ein Mann in vorgebogener Stel-
lung ihm über den Altar einen Fisch wie zum Opfer
entgegenhält, eine Scene, welche sich wohl auf die Fas-
*) Dieselben solle» in Umrissen lithographirt und zum Thcilc
kolorirt baldigst dem Publikum vorgelegt werden, und
sind als die einzigen vollständigen »nb authentischen Nach-
bildungen jener Grabgemälde zu betrachten.
clnatio bezieht und uns ein Bild des den- Fasemus zu
gewähren scheint, welchem zur Abwendung der Folgen
großen Neides geopfert wurde. *) Ihm gegenüber ist
eine Scene der Bckränzung, wenigstens wird' sie vorbe-
reitet, denn der eine Mann in ihr hat beyde Hände voll
Lorbeerreisern, die er dem andern zu bringen scheint, und
der dcus Fascinus wäre also hier eben so an seiner Stelle,
wie an dem Wagen der Triumphatoren.
Einige Gruppen haben allerdings Bezug auf die Ver-
storbenen, denen die Grotte gewidmet ist, und so scheint
Taf. XXX. die Frau mit erhobenen Händen gegenüber
einem bärtigen Alten, der sich auf einen flöteblasenden
Knaben stüzt, die Abgeschiedene, welche zwischen Lorbeer-
sträuchern vom Bacchus mit dem Trünke der Begrüßung
empfangen wird. Zu beyden Seiten dieser Gruppe hal-
ten zwep Jünglinge zu Roß mit Siegeskränzen. Dieselbe
weibliche Figur kommt mit den beyden Jünglingen noch
einmal vor Taf. XXXII., wo diese von ihren Pferden ge-
stiegen sind und sie begrüßen. Die Kampfscenen aus den
Festspielen, welche hier abgebildet wurden, sind demnach
solche, in denen sich einzelne Glieder von der Familie
der Verstorbenen verherrlicht haben, derKvmos, welcher
Taf. XXXII. abgebildet ist. winde zur Feyer ihres Sie-
ges begangen, und die Gegenwart der sieggekrönten Jüng-
linge bey dem von Dionysos empfangenen Trünke in
der andern Grotte bedeutet, daß der Ruhm dieses ein-
heimischen Erfolges die Glieder des Hauses bis über das
Loben hinnuS begleitend erachtet wurde.
(Der Beschluß folgt.)
*> Dem großen Neide wurde, wie bekannt, zauberische Kraft
beyqelcgt, n»d sein Kotov opjitx. sorgfältig vermieden.
Auch übermäßiges Lob, weil cs den Neid dämonischer
Mächte rege macht, schadet, besonders schönen Kindern.
Als Geqcnzanbcr ward das Fascinum betrachtet, und
nach Varro de L. L. VI. 8. diese turpicula res dem
Knabe» um den Hals gehängt, als Zeichen des sie bc-
schüyenden Gottes. Wie aber ihnen, so war er auch den
Triumphatoren heilsam, denen man sein Bild unter den
Wagen band, die Folgen des Neides abzuwcnden. Die
Westalinnen ehrten diesen Gott bey den römischen Opfern
wahrscheinlich unter den übrigen diis avcrruncis. Plin.
H. N. XXVIII. 4.
K u p f c r si i ch k tt li d e.
Kritisches Verzeichniß der Kupferstich-
und Hanchze i ch n stn gen - Ssssti ml u nst, so wie
eines seltenen Mänuscripts, einiger Kunstbücher und
anderer Kunstgegenstände, welche aus dem Nachlasse des
zu Bamherg verstorbenen Dr. Med. Adam Ziegler,
durch das k. b. Kreis - und Stadtgericht in Bamberg in