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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

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9

Korrespondenz. — Nekrolog.

10

hat Shakespcare mit seincm Jllustrator Louis gchabt.
Hier wird uns nicht allcin cin stimmnngsLoll schöncs
Jnterieur mit prachtvollcn nnd charaktcristischen Toilct-
ten vorgeführt, sondern wir bcgegncn auch einer so ver-
ständnißvollen Auffassung dcr Dichtnng (Kaufmann von
Vcnedig, III. Akt, 2. Sccne), daß hier der umgekehrtc
Fall wie bei dein crstcrwähnten Gcmälde eintritt unv
dcr Rcgisscur vou dem Malcr lcrnen könnte. Der Kon-
trast zwischen dcr Erbin Porzia, die vor ängstlichcr
Spannung blcich nicht hinzuschcn wagt, wie Bassanio's
Wahl ausfällt, und dcr Begleiterin Nerissa, die nicht
so dirckt betheiligt, mchr neugierig als ängstlich hin-
blickt, dazu der sinncndc und etwas blasse Freier — das
ist eine so fcsselndc Darstellung dcs wichtigen Mvments,
wie sic kaum bcsscr gedacht werdcn kann.

Eine Waldlandschaft mit Wasser von Puhlmann
wirkt durch eine vvrzüglichc Behandlung der Pcrspektivc.
Zu nennen wären außerdcm Burnier's (Düsseldorf)
Strand bei Ostcnde mit Viehstaffage und Wrage's
charakteristischc, uur etwas zu umfangreich gerathcne
Partic von Sylt. Knab's Landschaft aus dcr rvmi-
schcn Campagna bcmüht sich zu absichtlich, phantastisch
zu crscheincn, um ungetheilten Beifall zu erlangen. Eben-
falls einer phantastischen Richtung gehört B. Pigl-
hciu's von Genicn bekränzte Hermc au. Dcr Ton
ist zu schwer und die Farbcngebung weitaus zu dunkel
für das heitere mythologische Genrebild. Derartigc Vor-
würfe vcrlangcn nach unserem Gefühl eine viel lcichtcre
und luftigcre, mehr an die pompcjanische Manier erin-
nerndc Behandlung und lenchtenderc Farben, welche die
dunkleren Particn zurückkrcten lassen, nnd nicht wic hier
durch dieselben fvrmlich crdrückt wcrdcn. Es ist ebcn
durchaus nicht leicht, Mythologic odcr Märchcu mit Oel-
farbcn so zu malcn, daß cincrscits ncbelhaftc Verschwom-
menheit, andererseits eine mit dicsen Stoffen schwer
vercinbare, grcifbare und schwerfällige Rcalistik vermic-
dcn wird.

Kolitz in Düsseldo,rf bringt eine Scenc aus dem
Kriege von 1870/71, dcr eine gewisse histvrische und
großartigc Anffassung nicht abzusprechcn ist. Es ist zwar
cigentlich nur ein Genrebild, abcr cin solches, besscn
mclancholische Stimmung über dic zufälligeu Einzelhei-
lcn dcr gewählten Scene hinaus die Eindrücke eincr
ganzcn größeren Epochc deutlich widcrspiegclt Es ist
eine französischc Jnfanterie-Colonne, die sich unter einem
schwcren schwarzgraucn Himmcl, einem scharfcn Windc
cntgegcn auf grundlvsen Wegen und in einer trostloscn
Wintcrlandschaft mühsam uud nicdcrgeschlagen fort-
schleppt — cine Sccne, die uns sofort an die unglückli-
chen Feldzügc Chanzy's nnd Bonrbaki's lebhaft erin-
ncrt. Der verlassene Trainschimmcl rechts ist aller-
dings ein schon etwas verbrauchtes Motiv. Dic
einheitliche Stimmung des Ganzen, wobei auf cine sorg-

fältige realistische Bchandlnng nebensächlicher Delails
mit Rccht verzichtct ist, kann ber Erreichnng des beab-
sichtigtcn Eindrucks gewiß sein. A I. M.

n e k r o l o g.

II. August Welier, einer der hervorragcndsten
Landschaftsma'ler der Düsscldorfer Schule, starb dcn
9. Septcmbcr 1873 an eincr Lungencntzündung. Er
war geborcn den 10. Jauuar 1817 in Franksurl a. M.
und cmpfing dort auch bei dem Landschaftsmalcr Ro-
senkranz die erste Anlcitung im Malen. 1835 begab
er sich zu dem Hofmaler Schilbach nach Darmstadt zur
ferucrn Ansbildung, mit dem cr dann seine erste gro-
ßcrc Studicnreise in dic Schweiz unternahm. Nach
Frankfurt zurückgckehrt, wnrde cr Schüler des Städel-
schen Jnstituts, sicdclte aber bcreits im Hcrbst 1838
nach Düsseldorf über, wo cr sich, nachdem er cin Jahr
lang die Landschafterklasse der Akadcmie besucht hattc,
sein eigenes Atelier einrichtctc und neben sciner künst-
lerischen Thätigkeit eine erfolgrciche Wirksamkeit als
Lehrer entfaltete. Viele tüchtige Landschaftsmaler ver-
danken sciner trefflichcn Anleitnng ihrc Ausbildung, was
der König von Prcußen durch die Vcrlcihung dcs Pro-
fessortitels anerkannte. Jn den letzten Jahrcn war Wcbcr
mchrfach kränkelnd und namcntlich durch ein Augcnlei-
den an der Ausübung seincr Kiinst bchindert; was er
abcr noch schuf, verrieth durchaus keine Abnahme seincr
Fähigkcit. Er hat eine ganze Rcihc großcr und klei-
ncrcr Bilder gclicfert, von dencn sich mchrere im Bcsitz
des Königs von Preußen, des Herrn Ravens, des Kö-
nigsberger Musenms und anderer Lffcntlicher Sauini-
lungcu befinden. Sie bckunden sämuitlich cine hvhc
künstlcrische Begabung und fesscln dnrch den Hanch äch-
ter Pocsic, der sich in den Wcrkcn jüngerer Maler nur
noch selten findct.

Wcber bcsaß ciue uugemeiu phantasievolle, dichleri-
sche Auffassungsgabc; er 'schildcrte die Natur nie, wie
sie sich dem Augc iu Wirklichkcit zeigt, sonderu cr malle
sie, wie er sie geistig in sich aufgenommen, und strcbte
dabei uach möglichstcr Vollcndung in Schönhcil der
Formcn und Liuicn. Deßhalb hat er sich nie nüt Ve-
duten und Portraitlandschaften abgcgebcn, sondern er
gehörte scinem innersten Wesen uach der stylistischcn
Richtung an, dic in ihm eincn ihrer besten Vertreier
gefunden. Schon von den erstcn Anfängen seincs Schaf-
fens bis zur vollcndeten Meisterschaft legtc er den
Hauptnachdruck auf dic Coinposition und deren harmoni-
sche Gliederung, während ihm die Farbe nnr dazu
dicntc, die Wirkung der beabsichtigtcn Stimmung zu
erhöhen, nie abcr, um koloristische Effekte durch sic zu
erziclen. Er unterschied sich dadnrch ganz entschieden
von den moderneii Zicalisteu und illatnralisten, dcnen
die Wahl dcs Motivs, dic strengc Zeichnnng und die
solidc Durchbildung, ivorin Weber ein iiiiistergiltiges
Vorbild sein kann, nur als Nebcnsache erscheint, danüt
sic nni so frcier mit ciner glänzeiidcn Technik Aufschen
crregcu könneu. Webcr's Farbengebung ist stets cinfach
und ernst, entspricht abcr dnrchaus dcn behandelteu Ge-
genständen, deren ivealc Auffassuiig eine naturalistischc
Behandlung kaum vcrtragcn würde. Besonders anzu-
crkenncn sind seine Abcnd- und Mondscheintandschaften,
 
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