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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

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Korrespondenz Wien, [1]
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Ilg, Albert: Die Gobelins Karl's des V. zur Erinnerung an den Feldzug gegen Tunis, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4816#0161

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Korrespondenz. — Die Gobelins Karl's V. zur Erinnerung an den Feldzug gegen Tunis.

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Sircncngesang inuncr wieder dcn kalten Ernst sciner
mannhaften Denkungswcise entgcgcnsetzend. Nicht an
die Borbilder der Glanzepoche Vcnedigs vder an die
Birtuosen der beginnenden Verfallzeit knüpft er an,
svndern studirt die Natur, wie ein akler Florentiner,
und wagt es anch ihrer Häßlichkeit in's Auge zn sck)auen
und sie wiederzugeben, wie er sie vor sich findet. Scin
höchstcs Zicl ist der Ausdruck seiner Gedankenwelt, den
durch das Mittel dcr ungeschininklen Natur sich
reiner zu erhalten glaubt, als dnrch ein äußcrlich angc-
noinnienes Jdeal foruieller oder malerischer Schönheit.

Jn der Entwickelung vvn Feuerbach's Talent bildet
»nsere „Aniazonenschlacht" insofern einen inlercssanten
Wendepnnkt, als er sich ans dem vorwiegend lyrischcn
und kvnteinplativen Gestaltenkreise, dem seine früheren
Bilder angehören, hier anf das dramatische Gebiet hin-
ausgewagt hat. Daß er sich noch nicht völlig heimisch
fühlt in dieser Welt des energischen Handelns und der
losgebundenen Leidenschaft, ist unverkennbar. Auf der
^iesigen Leinwand (dic Bildfläche uiißt etwa 24 Fuß
Ange und 15 Fuß Höhe) hat er die beiläufig 30 Figuren,
aus welchen die Komposition besteht, in der Art ver-
theilt, daß der dritte Theil derselben, Gestalten von
kolossaler Größe, in verschicdenen Gruppen den Vorder-
gnind einnehinen, während dic übrigcn im Mittelgrunde
und Hintergrunde auch wieder zu besondercn Gruppen
zusamniengeordnct sind; die Gcstalten des Mittelgrundes
sind etwa lebensgroß, dic rückwärtigen Figuren ganz
klcin. Auf dicsc Weise entsteht ein loses Nebeneinander
der verschiedcnen Kampfgrnppen, einc Reihe von Einzel-
kämpfen mit interessanten Episoden, aber kein eigent-
liches Bilv dcr Schlacht: es ist ein Kampf ohne Ent-
scheidung, ein Ausholen, Ringen und Sterben, dem
aber die Wucht des gemeinsamen Ansturms und das
gewitterartig Befrciende des Siegesjubels fehlt. Der
Modcrne Schlachtenuialer niuß auf diese höchste drama-
lische Mirkung in der Regel verzichten, weil sich die
Einheit in der taktischen und strategischen Leitung und
Entscheidnng eben nicht leicht künstlerisch darstellen läßt
unr er die Wirklichkeit der höheren Wahrheit nicht
vpfern darf. Der Darstellec eines idcalen Kampfes hat
iu dicser Hinsicht einen großen Vortheil, auf den also
Feuerbach hier verzichtet hat.

Jm Bordergrnnde links herrscht das dichtste Ge-
dt'änge: ein behelmter Kricger, vom Rücken gesehen,
fällt eiiiem Roß in die Zügel, welches die Amazonen-
kvnigin, mit Pfauenbusch auf dem Helm, zu lragen
scheint; weiter nach rückwärts packt eiu Mohr eiue
Hiiitcnübersinkende und entwindet ihren goldenen Haarcn
das Geschmeide; noch weiter hiulen stürmen Bogen-
schützcn und Lanzenrciter in den Kampf. Die Mitte
des Bvrdcrgrundes füllen mehrere zu Boden gcsunkene
Aniazvncn aus: ganz nackte Gestaltcn von zum Thcil

höchst kühnen, meisterhaft gemalten Verkürzungen, die
Eine auf ihren rothen Mantel hingestreckt. Rechts
davon ringt cine Andere verzweifclt mit ihrcm Gegner,
während eine Drittc sich stcrbend auf einen ebcnfalls
verwundeten bärtigen Kricger stützt. Daneben sprengt
von rechtsher eine Vierte herbei, die Streitapt schwingend,
und über diescr ganzen Gruppe steigt cin mächtiger
Rappe empor, in dcssen Mähncn sich eine Sterbende
mit letzter Kraft festzuhalten sncht. Jm Hintergrunde,
rechts davon, jagt ein edles Rvß, dessen steeiterin ge-
fallen, durch das Blachfeld, den Mantel dcr Herrin
nach sich ziehend. Wunderbar großartig ist die Land-
schaft gedacht: eine felsige Küstc und hintcn das Mcer,
über welches dichte Rauchwolken von einer brenncnden
Burg dahinziehen. Gruppen von Verwundeten und ein
fcrn von dem Kampfe still für sich grasendes Pferd be-
leben in seltsam poetischer Weise die schauerlich einsame,
wilde Gegend. Ein ernster, in dcr Caruation gelb-
licher, in dcn Gewändern und Waffenstücken matt ge-
dämpfter Ton beherrscht das von aeschyleischcm Geist
erfüllte Gemälde. (Schluß folgt.)

Die Gobeiins Larl's V. ^ur Erinneruttg an
-en Feld^ug gegen Tunis.

Ju den Sammlungen und Kirchen Wiens ist ein
nicht unbedeutender Schatz von Gobelins und Wandtep-
pichen sowohl orientalischen Ursprunzs als auch aus den
Zeiten der Renaissance und des Mittelalters erhalten.
Der Besitz des kaiserlichcn Hofes, welcher von dieser Arl
kunftindustrieller Fabrikation namentlich prachtvolle alt-
persische, dann aber nicht minder kostbare Arrazzi aufzu-
weisen hat, nimmt hierin die erste Stelle ein; eine in-
teressante Kollektion besitzt auch schon das Oesterreichische
Museum für Kunst und Zndustrie, unter dessen Schätzen
namentlich auch das Mittelalter und die italienische, fran-
zösische sowie niederländische Renaissanee mit schönen
Gobelins vertreteu ist. Der Dom von St. Stephan
schmücki seine Räume bei festlichen Gelegcnheiten mit
einer stattlichen Anzahl flandrischer Gewebc dieser Art,
und manches ist im Privatbesitz zerstreut. Die groß-
artigsten Proben jenes Kunstzweiges jevoch bcsitzt Wien
an den Gobelins, welche in Schönbrunn aufbewahrt wer-
den, und den Feldzug Käiser Karl's V. gegen Cheircddin
Barbarossa, den Töpferssohn von Lesbvs und Herren von
Tunis, 1535, zum Gegenstande haben. Wie über viele
Kunstwerke, sind auch über dicse bedeutcnden Schöpfungcii
mancherlei abwcichcnde Vorstellungcn im Umlauf, und
durch unkritische Anführungen wurden in Büchern nicht
wenige Jrrthümer eingebürgert. DasErscheincndes Schrift-
chens von I. Houvoy: „TupisKeriss, i'sprsssntunt
In oonc^ussts cku ro^'uulino cks 'Hiunss pnr I'Linporour
 
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