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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

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Korrespondenz Wien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4816#0181

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Korresponbenz,

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357

Z- B. in dem glitzernden schuppigen Lcibe der Wasser-
mxe. Eii, ähnliches malerisches Problem hat sich der
Knnstler bei dem dritten Bilde, dcr „Nittcrsagc" gestellt,
wo ivir ein schönes Weib von einem kolossalen Drachen
bedroht sehcn, den der nnfehlbare Rittcr schr n propv8
nnschädlich zu machcn kam. Die Lösnng ist hier nicht
so gclnngen; der Drache sieht wie ein blau gesottener
Ricsenaal aus.

An die malcrischen Expcrimente will ich ein tech-
nischcs anrcihcn, welchcs von A. R. Hein hcrrnhrt.
Dcr tapetenartige Hintergrund seines „Reqniem" ist
nänilich in „Oelsgraffito" (so nennt der junge Künstler
selbst die Technik) ansgefnhrt. Das Oclsgraffito wird
dnrch zivei nbercinander gelegte Tonschichten gcbildct,
von dencn die obere, wie beim Sgrasfito auf Maner-
stächcn, weggeritzt wird, so daß dann die gcwnnschte
Zeichnung in der Farbe der untcren Schichte zn Tage
ivitt. Wenn diese Technik auch für die Behandlung
großer Flächen ihrer Zarthcit wegcn sich schwcrlich eigncl,
so dürfte sic doch für Miniaturen, Stvffc und scharfe
Desstns ein dem fcinsten Pinselstriche weit überlcgenes
Darstellnngsmittel liefern. Auf dcm fein ansgeführtcn
Bildchcn Hein's ist die Wirkung cine schr ansprechende.

Ein wnndcrsamcr Einfall ist dic „Madonna mit
dem Kinde" von Romako, halb visionär, halb genre-
haft nnd in flauer, kreidigcr Farbe gcmalt; wer sich
dadurch nicht sofort abgestvßen fühlt, wird an einzelnen
Stellen wohl die Begabung des Künstlcrs hcrvorlcuchten
sehen, vornehmlich in dem fcincn Köpfchen der Haupt-
stgnr. Anch ein Stndienkopf von G. Wollgast, „Dcr
versperrtc Weg" von Cl. Nielsscn,R. Geyling's
„Motiv aus St. Ellcna", „Der Gang zu Markte" von
R. Nani zu Vencdig, ein dnrch seine drastische Be-
lenchtnng fessclndcs, lebcnsvolles Bild italicnischen Volks-
lebens, ferner „Der abgcwiesene Freicr" von Fr. W.
Schwarz und C. Niedel's „Miltagsschläfchen" sind
nennenswerthe Leistungcn. Dcm dicken gutmülhigen
Herrn Pfarrer auf dem letzteren Bilde, der beim Lesen
seiner „Kirchenzeitnng" sanft eingenickt ist, würde ich
aber lieber die „Fliegendcn Blätter" in die Hand ge-
geben habcn. Zwar schläft sich's bei diesen nicht so
leicht ein; ich fürchte aber, die „Kirchenzeitung" liest
der alte Josephiner überhanpt nicht.

Der Preis nnter den auSgestellten Landschaftcn ge-
bührt nieincs Erachtcns dcm kvstlichcn„Zschl" von Wald-
müller ans der Sammlung des Herrn Sterio, der
auch mchrcre anderc werthvolle Bildcr von ältercn
lDiener Meistern beigestencrt hat. Jch ncnne fcrner
den stimmungsvollen „Wintcrabcnd" von Schäffcr,
ein von fcinem dkatnrgcfühl dnrchdrnngenes und sorg-
sain durchgeführtes Bild, welchcs ich dem nenlich von
2hnen in der Zeitschrift mitgetheilten „Mondaufgang"
dessclben Künstlers noch voranstellen möchte. Sehr wahr

in der Gesammtstimmnng und bcsonders im Luftton
ganz meisterhaft ist auch L. Halanska's „Dorf-
straße." Ziem's „Giardini Publiei in Venedig",
mehrere in Gude's Wcise behandelte Landschaften des
begabten I. Nielssen, cin schöner Olivengarten von
H. Nei nhardt mit Durchblickauf den tiefblauen Garda-
See, von dem auch L. Fischer nus eine fesselnde An-
sicht bietet, endlich einige ältere Städteansichtcn von
Rudolf Alt: das wären die Stücke, die ich mir ans
dem landschafllichen Fache der Ausstellung für meinen
Privatbesitz auswählcn würde.

Rudolf Alt hat nns außerdem wieder einmal cinc
größere Zahl seiner herrlichen Agnarclle vorgeführt,
und zwar dies Mal in Begleitung noch zahlreicherer
Blätter von der Hanb seines unlängst verstorbenen Vatcrs
Jakob. Die Uebereinstimmirng zwischen Vater nnd Sohn
ist einc ganz merkwürdige. Die schlichte, wahre Natur-
anschauung, die sorgfältige Darstcllung aller Formen,
besonders der Architektnren, cndlich auch die lichte,
meistens kühle Färbnng hat dicser von jencm gcerbt.
Nur durch cine brcitcre und flottere Behandlnng, dnrch
einen genialenZug nnterscheidet sich Rndolph von Jakob,
wie von seinem jüngeren Bruder Franz, dcr sich ebcn-
falls durch einige Aquarelle vertreten findet. Franz
fchlt meistens die Wahrheit des Lokaltons, der besonders
an dcn Aguarellen seines Bruders dindolf so bewnn-
dernswerth ist.

Neben den letzteren haben anch bei nns die geist-
reich behandeltcn italicnischen Reiscskizzen von Wil-
berg, über wclche Jhncn bereits von Berlin ans be-
richtct wurde, die wärmste Ancrkennnng gcfunden. Am
vorzüglichsten sind die Jnterieurs. Joscf Ho ffmann's
Aquarelle wollen ebenfalls nichts mehr als Stndien sein;
sie zeigcn bereits die specielle Begabung des Meistcrs
für die dekorative Kunst, in der breiten Bchandlung nnd
in dcr anf große, massive Wirkiingen ausgchendcn An-
schauung. Wenigcr wollte mir die landschaftliche Tri-
logie behagen, welche Hofsmann in eigens dafür kon-
strnirtem Rahmen, als Wandschmuck gedacht, gegenüber
von Feuerbach's „Amazoncnschlacht" ausgestellt hatte.
Die Bilder waren schon vorigen Sommer einige Zeit
hindurch in der Handelsakademie zu sehen. Der Künstlcr
giebt den drei mit entsprechender idealer Staffage ans-
gestatteten Kompositionen die Spccial-Bezeichnnngen:
Drama, Tragödie und Jdylle, — nicht zum Borthcil
ihrer Wirknng. Wenn die Staffage, wic sie hier auf-
tritt, schon eincn störeuden Dnalismns in die Landschaft
cinfllhrt, so komnit dazn in dicsen großcn Hoffmann'schcn
Bildcrn noch die dnrch die Jnschrift ausgcdrückte Hin-
weisung auf eine bestimmte Gattung von Poesie. Der
Beschauer wird durch das Anfsuchen all der verstccktcn
oder doch nicht auf den ersten Blick verständlichen Bc-
ziehungen von dem unmittelbaren Gennß der uiannig-
 
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