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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

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Schorn, Otto von: Die Ausstellung des Bayerischen Gewerbe-Museums
DOI Artikel:
Lücke, H.: Die neuen Erwerbungen der Berliner Gemäldegalerie, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4816#0225

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4-l5 Die Ansstellung des Bayerischen Gewerbe-Museums. — Die neuen Erwerbungen der Berliner Gemäldegalerie. 446

des Bayerischm Gewerbemuseums, sowohl durch die in
Bezug uuf die ungekauflen Objekte gelroffcne Wahl,
als durch die lehrreiche Art und Weisc der Aufstcllung,
den Gewerbetreibendcn nach jcder Seite hin Gelegenhcit
geboten ist, durch eingehcndes Prüfcn und Vergleichcn
der Leistungen auf den einzelnen Gebicten dcr gcgcn-
wartigen Kunstindustrie bei den vcrschicdencn Äkationcn
nützliche Lehren zu zieheu und dicsclbcn im Jmeresse
eines steligen Fortschreitenö unseres eigencn Kunst-
gewerbes zu verwcrthcu.

' O. v. Schorn.

Die neuen Erwerbungen der Serliner
Gcinäldegalerie.

Von H. Lückc.

(Fortsetzung.)

Das dritte Hauptbild ist ein Pvrtrait des Belaz-
isuez, das wahrscheinlich den italienischen Fcldhaupt-
niann Alessandro dcl Borro darstellt, eiu Werk voll der
gewichtigsten und imposantesten Kraft des großcn Bkeisters,
uus desscn Namen einige Bilder der Galerie bisher nur ^
zweifelhaften Anspruch hatten"). Die robuste, schwer be-
leibte Gestalt des kriegerischen Herrn präscntirt sich in
ganzer Figur uud Lebensgrvße, auf lichtem architektoni-
schem Hinlergrund, in vem durchgehends schwarzeu
Kvstnm eines italienischen Nobile aus dem Aufang des
17. Jahrhuuderts. tli'ach oem auffällig niedrig gewähl-
len Gesichtspunkt ist anzunehmen, daß das Bild für einc
ziemtich hohe Ausstellung bestimmt war. Jn vollcr
Vorderansicht, die rechte Schulter trotzig vorgekehrt, bar-
scheu und gewalthätigen Anseheus, halb brutal und halb
doruchm, tritt die Figur mit der ganzen, vollen Wucht des >
Nbcns vor den Beschauer. Die Energie der Auffassung,
bw Macht des Ausdrucks und der ganzen malerischen
Erscheinuug übt eine Wirkung, die kauni über- ^
wschender gedacht werden kann. Mit größter Bra-
dour, überaus frci und breit behandelt, hat das Bild
sast das Ansehen cines kecken Jmpromptus; dabei aber
ist die Kühnheit jedcs Pinselstrichcs von so genialer
Sicherheit, von so absvluter Bestimmtheit der Wirkung, i
baß das Ganze zugleich den Eindruck höchster Vollen-
bung hervvrbringt. — Dafür, daß Borro die dargc-
stellte Persönlichkeit ist, spricht namenttich der Umstanv,
baß die am Bvden liegende Fahne mit goldeuen Bie-
"en, auf welche der trotzige Herr wie im Bewußt-
sein bes Triumphes den Fuß setzt, die Fahne dcr Bar-
^arini zu sein schcint, über die Borro als Führer der

') Jm Nachfolgendeii hat sich dcr Lers. des Wortlauts
«niger Sätze ans zwei Artikelu bedieut, iu deueu er vorher
l>» den Preuß. Jahrb. und in der Speuer'schen Ztg.) die
Lilder besprochen.

Truppen Ferdinand's 1k. von Toskana l643 einen Sieg
erfocht. Jm Jahre 1648 trat Borro in die Dienste
Philipps IV. von Spanien. Da das Bild in Jtalien
crworben wnrde, so ist anzunehmen, daß es von Velaz-
quez währcnd sciner zweiten italienischen Rcise (1648
bis 1649) gemalt wurde, bcvor Borro nach Spanien
abging.

Die Landschaft von Nicolas Pvussin, die dem-
nächst zu erwähncn ist, gehörte bishcr zu den schönsten
Zierden der Galerie Sciarra zu Rom und hat unter
den Werken des bedeutenden Meisters ein eigenthümliches
und sehr hervorragendes Jnteresse. Jn der Regel tritt
bci Poussin, der die ideellen Gcsetze landschaftlichcr Kom-
position eigentlich zuerst entdcckte, gegen die Großartig-
keit der Linien und der plastischen Formen der Land-
schaft das Koloristische sehr entschieden zurück, und zu-
wcilcn hat die Zusammcnsetzung, dcr Bau seiner Land-
schaften etwas Konstruirtes, etwas vou der Absichtlichkeit,
die sich im Arrangement sciner historischen Gemälde fast
imiiicr mit so unangenchmer akadcmischer Würde geltend
macht. Jn unserm Bilde ist Pvussin der Natur mit
seltencr Treue gefolgt und hat mit der freicn Anmuth
und dem vollendcten Wohllant der Linien zuglcich eine
Schönheit dcr Farben erreicht, wie kaum in eincr andern
seiner Landschaftcn. Das Bild stellt eine Gegcnd der
römischcn Campagna in dcr Nähe von Aqua Acctosa
dar; der Tiberfluß, dcr mit seincr Breite dcn größeren
Thcil des Vordcrgrundes einnimmt, tritt auf der rcchlen
Seite buchtartig unter dcn Schatten einer bewaldeten
Anhöhe und zicht sich dann tief in die weitc Ebcne der
schön geformten Campagna hinein, die in der Mitte die
Ruinen anliker Bauwerke zeigt und in der Ferne von
den blauen Höhenzllgen der Sabiner Vorberge bcgrcinzt
wird. Ganz im Vordergrunde am Ufer des Flusses
architcktonische Bruchstücke unv die Staffage des Bildes:
Matthäus mit dcm Engel, der ihm das Evangeliiim
diktirt. Eine fcierliche heitere Klarhcit verbreitet sich
übcr die Landschafl; der lcichte Glanz des Gewölks, die
warmcn bräunlichen Tinten der Campagna und die Licht-
rcflexe im Wasserspiegel dcs Flusscs vcrbinden sich in
der wundervollen Reinheit der atmosphärischcn Stinmiung
zu einem harmonischen Ganzen, dessen mild leuchtcnder
Ton durch die lebhaftcn Farben der Figuren des Vvrder-
grundes nur um so reizcnder fühlbar wird. Ein etwas
besremdliches Ansehn habcn die antikcn Baufragmente
des Vordergrundes.' Jn ihren cinfachen geraden Formen
bilden sie zwar zu den mannigfach bewegten Linien
des Terrains im Hintcrgrund einen sehr wirksamen
Kontrast; aber man möchte wünschen, daß sie sich nicht
so kahl und in solcher Unversehrtheit der mathematischen
Umrisse zeigten; Witterung und Zeit sind fast spurlos
an ihnen vorüber gcgangen. Möglich, daß ein anti-
quarisches Änteresse, wie es bei Poussin nicht selten iu
 
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