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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0115

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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im Ausstellungssaal von Maler Hellwag in Karlsruhe aus-
geführt. Die ornamentalen Bildhauerarbeiten sind von
Bildhauer Binz in Karlsruhe gefertigt worden.

Das gesamte Ameublement ist einfach, aber solid und
dem Zwecke entsprechend, ohne überflüssige Ornamentik
ausgeführt und nur durch besondere Farbgebung und
farbige Beizen zur höhern Wirkung gebracht.

In seiner Festrede machte Dr. Wille auf den bedeut-
samen Zufall aufmerksam, daß der Tag, an dem die Uni-
versität die Wiedereröffnung ihrer Bibliothek festlich be-
gehe, mit dem Geburtstage des großen Archäologen Winckel-
maitn zusammenfalle. Auch beim Betreten des Innern
der neuen Bibliothek mit seiner monumentalen Größe und
seiner einfachen Sprache werde man an diesen begeisterten
Freund und Kenner der antiken Kunst erinnert und die
Stadt Heidelberg dankte dem Erbauer in sinniger Weise
für das öffentliche Werk. Dr.

ADALBERT RITTER VON LANNA UND SEINE

WIDMUNG FÜR DAS KUNSTGEWERBLICHE

MUSEUM IN PRAG.

Das kunstgewerbliche Museum der Handels- und
Gewerbekammer in Prag ist in letzten Tagen von seinem
langjährigen Gönner A. Ritter von Lanna mit einer groß-
artigen Widmung bedacht worden — durch dieselbe ist
die in den Museumsräumen bisher leihweise ausgestellte
Glassammlung Lanna in dauernden Besitz der genannten
Anstalt übergegangen.

Das Glas bildete ein gewichtiges Gebiet von Lannas
Sammlungen, von denen ein das Kunstgewerbe um-
fassender Teil seit zwei Jahren in vier Sälen des neuen
Museumsgebäudes ausgestellt ist und in hohem Maße die
Aufmerksamkeit aller Fachmänner erweckt.

H. A. von Lanna (geboren 1836) befaßt sich schon
seit Mitte der sechziger Jahre mit der Kunst und dem
Sammeln von Kunstwerken. Seine mit Eifer betriebene
Sammlertätigkeit, welche gleich anfänglich, auf das Studium
der einschlägigen Literatur gestützt, über das Niveau der
bloßen Liebhaberei weit hinausging, führte zu einer tief-
ernsten Kennerschaft, welche Lanna auch auf dem Gebiete
des Museumswesens betätigte. Seit Jahren ist Lanna
Mitglied des Verwaltungsausschusses des Germanischen
Museums in Nürnberg und des Kuratoriums des Öster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien und
stets stand er im innigsten Verkehr mit den hervor-
ragendsten Fachmännern, wie Essenwein, Eitelberger, Ilg,
Benndorf, Bode, Lehrs und vielen anderen. Als' die
Prager Handels- und Gewerbekammer im Jahre 1885 das
Kunstgewerbliche Museum in Prag begründete, kamen die
Erfahrungen, Kenntnisse und Beziehungen Lannas der ins
Leben tretenden Anstalt ungemein zu statten. Seit der
Errichtung des Museums bis zum heutigen Tage ist Lanna
welcher sich bereits an allen diesbezüglichen vorbereitenden
Schritten beteiligte, Obmann des Verwaltungskomitees und
des Ankaufskomitees und sorgt unermüdlich um das Ge-
deihen der ihm liebgewordenen Anstalt. Insbesondere
war sein Augenmerk stets auf die Vermehrung und Aus-
gestaltung der Sammlungen gerichtet und gleich anfänglich
hatte er die großen Lücken derselben teils mit Geschenken,
teils mit Leihgaben ausgefüllt. Von Jahr zu Jahr wuchs
die Zahl der gewidmeten Gegenstände, so daß sie bis
Ende 1905 über 600 Nummern betrug, wozu außerdem
Geschenke für die Bibliothek, die Sammlung für innere
Buchausstattung und die Ornamentstichsammlung hinzu-
traten. All die Geschenke und Leihgaben entstammten
einer schier unerschöpflichen Quelle, — seiner eigenen

großen Sammlung, welche im Laufe von vier Jahrzehnten
entstanden, sein Wohnhaus in Prag zu einem wahren
Museum gestaltete. Alle Gebiete des Kunstgewerbes, ins-
besondere aber Glas und Keramik, fanden hier Vertretung;
eine große Anzahl (ca. 2000 Stück) von Münzen und Me-
daillen mit einschlägigen Modellen in Kehlheimer Stein,
Buchs und Wachs, bildet eine auserlesene Kollektion für
sich, und in einem für eine Privatsammlung außergewöhn-
lichen Umfange war die Sammlung der Kupferstiche und
Holzschnitte der Werke des Buchdruckes und der Hand-
zeichnungen älterer und neuerer Meister angewachsen.
Der im Jahre 1895 vom Eigentümer herausgegebene, von
Dr. H. W. Singer verfaßte zweibändige Katalog des »Kupfer-
stichkabinetts Lanna« zählt über 10000 Nummern auserlesener
und seltener Exemplare; ein Teil der Handzeichnungen
alter Meister erscheint gegenwärtig in Reproduktion in
Meders »Handzeichnungen«.

Lanna war nimmer müde, den öffentlichen Instituten
seine Schätze zu öffnen und hilfbereit zur rechten Zeit
beizustehen. Die Galerie der Gesellschaft patriotischer
Kunstfreunde im Rudolfinum in Prag verdankt ihm eine
Reihe altböhmischer Tafelbilder und Handzeichnungen
böhmischer Maler des 17. bis 19. Jahrhunderts, ja die
ganze dortige, sehr instruktive Abteilung der Kupferstich-
sammlung ist seine Widmung; auch am Entstehen der
Sammlung deutscher Porzellane im Germanischen Museum
hat Lanna bedeutenden Anteil, indem er hierzu die An-
regung und zugleich auch einen Grundstock gab. Vor
allem ist es aber das Prager Kunstgewerbliche Museum,
welches sich stets seiner Fürsorge erfreute.

Nachdem das früher im Rudolfinum untergebracht ge-
wesene Museum durch die Errichtung eines eigenen Ge-
bäudes ein selbständiges Heim gewonnen hat und an
Lanna das Ersuchen gerichtet wurde, seine kunstgewerb-
lichen Sammlungen im Museum leihweise auszustellen,
willfahrte er gerne diesem in Fachkreisen lange gehegten
Wunsche und machte auf diese Weise einen Teil seiner
Schätze der Öffentlichkeit und dem Studium zugänglich.
Die ausgestellte, vier Säle in dichtgedrängten Reihen
füllende Sammlung wurde im März 1905 eröffnet; sie be-
steht aus einer Kollektion von Gegenständen aus Metall
(darunter insbesondere Zinnarbeiten), Holz und Elfenbein;
einer überaus umfangreichen, gegen 2000 Stück zählenden
keramischen Abteilung und der einen großen Saal füllen-
den Glassammlung. Auf wissenschaftlicher Grundlage, von
einem hohen Gesichtspunkte bei nimmermüdem Verfolgen
eines bestimmten Programms durchaus systematisch ge-
sammelt, bilden die Sammlungen Lannas eine Fundgrube
für den Forscher und eine wahre Lehrstätte für den wiß-
begierigen Teil des Publikums. Es gilt dies insbesondere
von der Abteilung der Glasarbeiten.

In einer Zeit, wo die Museumskunde noch in ihren
Anfängen begriffen war und die Privatsammler noch plan-
los herumtasteten, wandte Lanna seine volle Aufmerksamkeit
dem genannten Gebiete zu. Der Umstand, daß sich auf
demselben Böhmen rühmlichst auszeichnete, war mitbe-
stimmend gleich bei den ersten Schritten, welche Lanna
auf dem Felde der Sammeltätigkeit unternahm. Und so
ist bei zielbewußtem Vorgehen eine Sammlung entstanden,
welche einzig in ihrer Art ist.

Die Sammlung zählt im ganzen gegen 1200 Objekte
und ist in 17 Schreinen untergebracht. Die ganze Ent-
wicklungsgeschichte der Glasindustrie, von ihren Anfängen
im Altertume bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts, ist
hier durch glänzende oder instruktive Beispiele dargestellt.
An das antike Glas schließen sich Glasarbeiten fränkischen
Ursprungs, sowie des frühen Mittelalters an, und in
hervorragender Weise ist die Kunst Venedigs und das

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