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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0116

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io8

KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

sich auf venezianische Vorbilder anlehnende Glas in allen
möglichen Spielarten, als Petinet- und Reticella-, Opal-,
Achat-, Millefiori-, Milch- und Eisglas, vertreten. Eine
stattliche Reihe von außerordentlich seltenen Objekten
bildet die gegen looStück zählende Abteilung der emaillierten
Gläser; Reichsadler- und Kurfürstenhumpen reihen sich an
Paß- und Jagdgläser, und ebenso reichhaltig wie voll Ab-
wechslung ist die Gruppe der Gläser der Dresdener Hof-
kellerei mit sächsischen und polnischen Wappen. Auch Pokale
und Humpen mitkulturhistorisch interessanten Darstellungen
sind hervorzuheben, worunter jene, welche auf die Glas-
macherei selbst Bezug haben, besonderes Interesse bieten; so
eine im Jahre 1647 von Simon Schürer von Waldheim,
Glashüttenmeisters zu Falkenau, einem Primator von
Raudnie gewidmete Henkelkanne, ein Humpen mit Porträt-
gestalten einer Glasmacherfamilie vom Jahre 1654 und ein
anderer vom Jahre 1680 mit der höcht interessanten Dar-
stellung der Glashütte des Kristian Preißler. Das sind
historische Dokumente allerersten Ranges, denn bekanntlich
gehörten die Schürers, welche von Rudolph II. geadelt
wurden, und die Preißlers, welche hüben und drüben des
Riesengebirges und des Böhmerwaldes weit verzweigt
waren, zu den ersten Glasmacherfamilien Böhmens. Die
einst blühende Nürnberger Glasfabrikation, wie wir sie
auch in der vorjährigen Nürnberger Ausstellung zu ver-
folgen Gelegenheit hatten, ist durch Pokale und Becher
vertreten, welche entweder in geschliffener Arbeit in der
Art G.Schwanhardts, oder in Schwarzlotmalerei von Schaper
und seiner Werkstätte verziert sind. Eine in ihrer Art
einzige Kollektion bildet das böhmische Kristallglas des
17. und 18. Jahrhunderts. Da gibt es eine ganze Reihe
exquisiter Exemplare, Pokale, Becher und Küpen, in Hoch-
und Tiefschnitt, in Glanz- und Mattschliff verziert; manche
sind mit Wappen versehen, als der für die Entwickelungs-
geschichte der Glaskunst im Riesengebirge wichtige Pokal mit
dem Wappen der gräflichen FamilieSchafgotsch,oder der wohl
einer Glashütte Ostböhmens angehörige Kolossalpokal mit
Kolovratschem Wappen, andere zeichnen sich durch reiche
Ornamentation und figurale Darstellungen aus. Eine Anzahl
großer, dickwandiger Pokale hat auf Sachsen Bezug, während
andere den Brandenburgischen Glashütten entstammen;
auch die schlesische Produktion der Zeit Friedrichs II. ist
durch Gefäße, welche durch Ansichten von Breslau, Warm-
brunn oder andere charakteristische Darstellungen gekenn-
zeichnet sind, reichlich vertreten. Die überaus feinen, mit
Diamantgravuren versehenen, sogenannten Wolfschen
Gläser, welche zu den Seltenheiten der Glasmacherkunst
Hollands gehören und die sonst selbst in großen
Sammlungen nur einzelweise anzutreffen sind, kommen
hier in nicht weniger als zwölf Exemplaren vor. Auch
mehrere Kuriositäten in Glas und Glasfluß, Trinkhörner,
Glocken und sonstige Geräte, hat die Sammlung aufzu-
weisen.

Nicht bloß die einzelnen Gruppen und Gegenstände
bilden den hohen Wert der Sammlung, sondern vor allem
ihre Vollständigkeit und Abgeschlossenheit, welche in
heutigen Tagen zu erreichen schier unmöglich erscheint.
Es ist ein wahres Lebenswerk eines einzelnen, an seiner
Schöpfung mit großer Hingebung, unter dem Aufwände
ganzer Kraft und vieler Opfer arbeitenden Mannes. Und
dieses Lebenswerk hat Lanna dadurch bekrönt, daß er
diese bedeutsame Abteilung seiner Sammlungen dem
Museum, an dessen Emporblühen er mitgearbeitet hat,
widmete. In einer Zeit, wo von berufenen Seiten darüber
geklagt wird, daß hervorragende Privatsammlungen in
alle Winde verstoben werden, ist die munificente Schenkung

Lannas ein beherzigendes in allen Musealkreisen berechtigtes
Aufsehen und allseitigen Beifall weckendes Ereignis.

K. CHYTIL.

BÜCHERSCHAU

Das Beizen und Färben des Holzes. Ein Hand- und
Hilfsbuch zum praktischen Gebrauche von Wilhelm Zimmer-
mann, Chemiker und Lehrer an der Handwerker- und
Kunstgewerbeschule in Barmen. Verlag von W. Zimmer-
mann, Barmen, Adolfstraße 10; Preis 1,50 Mk. 80 Seiten.
Die moderne Kunst geht auf »intime« Wirkung aus;
die einzelnen Bestandteile eines Innenraumes haben sich
bezüglich der Farbe dem Gesamtton des Raumes anzupassen.
Da dieser Effekt sehr häufig mit dem Naturton der Hölzer
sich nicht erzielen läßt, muß die Kunst der Oberflächen-
behandlung nachhelfen. Dies kann durch Anstrich geschehen
oder durch Beizen und Färben der Holzteile auf chemischem
Wege. Mit der letzteren Art, die neuerdings sehr beliebt
ist, beschäftigt sich die kleine Publikation des Verfassers
in recht klarer und verdienstlicher Weise. Im allgemeinen
Teil des Werkchens wird der Begriff des Beizens festgestellt
und die Eigenschaften der Holzbeize bezüglich der Luft-
und Lichtechtheit. Es wird die Anwendung erörtert, um
gleichmäßige Beizung bei großen Flächen zu erhalten; die
Behandlung des Holzes vor und nach dem Beizen; die
Behandlung der Farbstoffe und Chemikalien; das Auftragen
der Beizlösungen auf das Holz und endlich der Herstellungs-
preis. Der spezielle Teil gliedert sich in die Besprechung
der Wasserbeizen, der Spiritusbeizen, wobei auch das Ent-
fernen alter Lacke, Beizen und Anstriche behandelt wird,
und der Terpentin- und Wachsbeizen. Zum Schlüsse wird
noch auf die Bezugsquellen der Farbstoffe und Chemikalien
hingewiesen. Es ist eine Fülle guter Rezepte in dem kleinen
Buche enthalten, das allen Gewerbetreibenden, die mit Holz
zu tun haben, eine willkommene und erschöpfende Belehrung
geben wird. So wie der Inhalt übersichtlich geordnet ist,
ist auch die Diktion eine klare, allgemeinverständliche. Wir
zweifeln nicht, daß sich das Buch in Interessentenkreisen
gut einführen wird, da dessen Besitz für dieselben einen
Vorteil darstellt. b.

Gotisches Musterbuch. Von V. Statz und G. Ungewitter-
2. Auflage, neubearbeitet von K- Mohrmann, Professor
an der Königl. technischen Hochschule in Hannover. 200
Tafeln mit Text. Leipzig, C. H. Tauchnitz. 20 Lie-
ferungen ä 2,50 Mark.

Das treffliche Lehrbuch der gotischen Konstruktionen
von Ungewitter findet in diesem vorliegenden Werke, das
mit dem Erscheinen der 20. Lieferung vollständig geworden
ist, eine schätzenswerte Ergänzung. Die ganze Kleinkunst
der mittelalterlichen Kunstweise ist in den besten Beispielen,
die aus allen Teilen Deutschlands zusammengeholt sind,
zur klaren, schlichten, aber eindrucksvollen Darstellung
gebracht, Kanzeln, Glasfenster, Grabdenkmäler, Beschläge,
Gebrauchsgegenstände des Kultus und des Hauses aller
Art sehen wir uns vorgeführt. Es wird stets Künstler
geben, die versuchen werden, im Sinne dieser Vorbilder
neues zu schaffen und viele andere und kunstverständige
Laien, denen das Studium unserer Väter Werke allein schon
Genuß und Befriedigung gewährt. b,

BERICHTIGUNG

Im letzten Hefte (Nr. 4) dieser Zeitschrift ist bei den
Arbeiten von Albin Müller auf Seite 75 als Unterschrift
unter dem Dekorationsstück »Birkhahn« anstatt »Tintenfaß«
zu lesen.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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