Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

DOI Artikel:
Kunstgewerbliche Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0174

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i66

KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

über diesen Gegenstand halten zu
lassen unter Vorführung von Licht-
bildern, guter Beispiele und Kriti-
sierung schlechter Beispiele. Ferner
empfiehlt sich die Veranstaltung
von Ausstellungen von Abbildungen
und Entwürfen vorbildlicher Inge-
nieur-Bauwerke und Verbreitung
billiger Sammelwerke mit derartigen
Abbildungen. Desgleichen könnte
es sich die Fachpresse mehr als
bisher angelegen sein lassen, durch
geeignete Aufsätze und Abbildun-
gen erzieherisch und anregend zu
wirken.

Nützlich erscheint es ferner,
die gerade in letzter Zeit vielfach
angestrebte scharfe Trennung der
Fachrichtungen in den Vereinen
nicht durchzuführen, sondern In-
genieure und Architekten zu ge-
meinsamer Tätigkeit und dem Aus-
tausch von Erfahrungen und An-
sichten zu vereinigen, wie es z. B.
im Sachs. Ing.- und Arch.-Verein
der Fall ist. Es wird das beiden
Teilen zugute kommen, denn ebenso
wie der Ingenieur künstlerischen
Geist und ästhetisches Feingefühl
besitzen und architektonischem
gegenüberstehen soll,

SIGFRIED HAERTEL, BRESLAU. BUCHEINBAND

AUSFÜHRUNO: BUCHBINDERMEISTER KLINKE,

BRESLAU

Schaffen nicht fremd
ebensowenig kann der moderne
Architekt ohne weitgehende Kenntnis der Ingenieurwissen-
schaften auskommen. Also keine Trennung, sondern mög-
lichste Vereinigung. Es muß in dieser Beziehung als
vorteilhaft bezeichnet werden, daß unser Vereinsblatt »Die
Deutsche Bauzeitung« beiden Fachrichtungen dient, wenn
dies auch manche andere Nachteile zur Folge hat.

Der frühere Zustand freilich, wo es einen Unterschied
zwischen Architekt und Ingenieur überhaupt nicht gab,
wird sich bei dem inzwischen
ungeheuergewachsenen Umfange
der beiden Wissensgebiete nicht
wieder erreichen lassen. Eine
gleichmäßige Beherrschung bei-
der Fachrichtungen wird nur in
ganz besonderen Ausnahmefällen
stattfinden. Es ist daher anzu-
nehmen bez. anzustreben, daß
auch in Zukunft die Ingenieure
alle »einfacheren« Ingenieurarbei-
ten selbständig planen und aus-
führen, daß aber bei allen Inge-
nieurbauten, wie z. B. bei Bahn-
höfen, wo architektonische und
bildnerische Elemente in größe-
rem UmFangeVerwendung finden,
Architekten und Bildhauer mit-
wirken. Es ist in diesem Falle
durchaus notwendig, daß sie
schon von Anfang an zur Ent-
wurfsbearbeitung zugezogen wer-
den und mit dem Ingenieur stetig
Hand in Hand arbeiten.

Solange aber und in allen
Fällen, wo infolge mangelnder
Ausbildung oderVeranlagung der
in Frage kommenden Ingenieure
die einwandfreie

Durchbildung auch der vorstehend
erwähnten einfacheren Ingenieur-
bauten nicht gewährleistet ist, wird
es auch in Zukunft nötig sein, hier-
für geeignete Architekten zu Rate
zu ziehen. Es dürfte sich empfeh-
len, wenn zu diesem Zwecke in
den Zentralbureaus der Behörden
und bei den großen Baugesellschaf-
ten und Tiefbauunternehmungen
Architekten angestellt oder mit
Privatarchitekten Abkommen zur
Erledigung derartiger Mitarbeit ge-
troffen bez. dieselben von Fall zu
Fall herangezogen würden.

Wenn in dem Vorhergesagten
schlechtweg von »Architekten« ge-
sprochen wird, so soll betont wer-
den, daß damit Architekten mit
anerkannt künstlerischenQualitäten,
gereiftem Geschmack und gutem
bautechnischen Wissen gemeint
sind. Es muß sogar gesagt wer-
den, daß für derartige Aufgaben
ganz besonders tüchtige Kräfte
nötig sind, da sie aus dem Rah-
men des Alltäglichen herausfallen,
eigenartige Gestaltungskraft und
besonderes Formengefühl er-
fordern, sofern wenigstens Leistungen erreicht werden
sollen, die im Sinne vorstehender Darlegungen vorbildlich
wirken und einen Fortschritt auf dem Gebiete der Stil-
bildung des Ingenieurbaues bedeuten können. Es muß
unbedingt mit der Meinung gebrochen werden, daß für
Bauten, bei denen architektonische Elemente eine geringere
Rolle spielen, ein minder begabter Architekt genüge. Es
ist sicher besser, wenn ein Ingenieur dann die Arbeit allein
ausführt, als wenn ein mit schlechtem Geschmack und
verdorbenem Formengefühl behafteter Architekt oder Bau-
techniker mitwirkt, der sich viel-
leicht verpflichtet fühlt, an einem
schlichten Bauwerk, z. B. einem
Tunnelportal, den unverstandenen
Formenkram einer Palastarchi-
tektur anzubringen.

Nur ein wahrhaft künstleri-
scher Geist, gepaart mit siche-
rem Empfinden für Form, Mate-
rial und Konstruktion, wird un-
seren Ingenieurbauten ohne Ver-
letzung der praktischen Erforder-
nisse diejenige Vollendung in
ästhetischer Beziehung geben
können, die wir an den Ingenieur-
bauten des Altertums und Mit-
telalters noch heute bewundern.

J. Baer.

DAS NEUE GESETZ ÜBER

DAS URHEBERRECHT

an Werken der bildenden Künste
und der Photographie.

Ein in vieler Beziehung veralte-
tes Gesetz, das Reichsgesetz vom
9. Januar 1876, betreffend das Ur-
huoo scheinert, Breslau. Adresse. AUS- heberrecht an Werken der bilden-

ästhetische Führung der Beschläge: qraveur scheu, Breslau den Künste, regelte bisher das
 
Annotationen