NEUES AUS DEM ALTEN WEIMAR
Alte Bürger-
schule
(Karl-August-
Schule)
Aus dem Werke von Lambert & Stahl: »Architektur von 1750—1850«. Verlag Ernst Wasmuth A.-O., Berlin
gezogen. Begabungen, untereinander so verschieden-
artig wie Ludwig Hofmann und Sascha Schneider,
die Schleswig-Holsteiner Adolf Brütt und Christian
Rohlfs und der Vlame van de Velde. Eine rege
Betätigung griff nach allen Richtungen ein, und der
Zusammenschluß der im Deutschen Künstlerbunde
organisierten Heerschau der Sezessionisten errichtete
seinen Hauptsitz in Weimar. Dieser Künstlerbund
hat wiederholt innere Krisen zu überstehen vermocht
und so darf man dem bereits mehrfach »Totgesagten«
vermutlich ein längeres Leben prognostizieren. An
einer anderen Stelle ist über den Künstlerbund und
seine Tätigkeit, insbesondere bezüglich der, nach meinem
Dafürhalten, unnötigen Vermehrung von Ausstellungen
eingehender gesprochen worden, so daß eine Wieder-
holung im einzelnen überflüssig erscheint'). Was
damals und später hierüber an die Öffentlichkeit
drang, das waren, wie gewöhnlich bei derartigen
Affären, halbe Hintertreppenwahrheiten. Ein Ober-
hof marschall, der in Abwesenheit seines Herrn eine
verborgene Sprengmine legt gegen einen Grafen von
ziemlichem Frondeurtalent, der aber immerhin seinen
Reichtum und seine ästhetische Bildung in den Dienst
einer aufstrebenden, aristokratisch gerichteten Kultur-
bewegung einstellte; dazu noch Zwischenträger und
Leisetreter, mitsamt dem häßlichen Wust und Kehricht,
der sich leider an den Treppen und zwischen den
1) Vergl. »Kunst für Alle«, März 1907.
Tapetentüren von Fürstenhöfen anzusammeln pflegt:
das alles läßt eine erquickliche Aufklärung fast nie-
mals zu. Das Endergebnis wird dem gesunden Ent-
wickelungsgedanken keinen Abbruch tun. Daß dem
Künstlerbunde als solchem zeitweilig in Weimar kein
Ausstellungslokal mehr zur Verfügung gestellt wurde,
mag man als einen Teil von jener Kraft erkennen,
die stets das Böse will und doch das Gute schafft!
Weshalb noch mehr Ausstellungen? Wer wollte be-
haupten, sie füllten eine »empfindliche Lücke« aus?
Weniger ausstellen, mehr Arbeit im Stillen, weniger
Aufsehen erregen, mehr Andacht beim Schaffen: Ach,
es war' ein Ziel, aufs Innigste zu wünschen! Ein
Motto für den Künstlerbund, eine Inschrift für seine
Fahne: »Nil exponere«.
Über müßiges Gerede dürfen wir endlich zur
Tagesordnung übergehen. Soviel steht fest: die ganze
Sache war im Grunde des Lärms nicht wert, denn
es handelte sich eigentlich um einen persönlichen
Machtkonflikt. Der künstlerische Prinzipienstreit war
nur die Draperie, hinter der die wundersame Causa
movens, der Wille zur Macht, beiderseits agierte und
agitierte. Und darum Räuber und Mörder? Wenn
man's nicht ein wenig tiefer wüßte. Dieser komische
Eifer für die »Ideale«, mit allen Schlagwörtern und
»unentwegten« Prinzipien einer unentwegten Selbstge-
fälligkeit. Diese betriebsame Dienstbeflissenheit und eitle
Eifersucht liefert den besten Boden für die Schmarotzer-
pilze in den Gärten der Großen dieser Erde. Schwer,
Alte Bürger-
schule
(Karl-August-
Schule)
Aus dem Werke von Lambert & Stahl: »Architektur von 1750—1850«. Verlag Ernst Wasmuth A.-O., Berlin
gezogen. Begabungen, untereinander so verschieden-
artig wie Ludwig Hofmann und Sascha Schneider,
die Schleswig-Holsteiner Adolf Brütt und Christian
Rohlfs und der Vlame van de Velde. Eine rege
Betätigung griff nach allen Richtungen ein, und der
Zusammenschluß der im Deutschen Künstlerbunde
organisierten Heerschau der Sezessionisten errichtete
seinen Hauptsitz in Weimar. Dieser Künstlerbund
hat wiederholt innere Krisen zu überstehen vermocht
und so darf man dem bereits mehrfach »Totgesagten«
vermutlich ein längeres Leben prognostizieren. An
einer anderen Stelle ist über den Künstlerbund und
seine Tätigkeit, insbesondere bezüglich der, nach meinem
Dafürhalten, unnötigen Vermehrung von Ausstellungen
eingehender gesprochen worden, so daß eine Wieder-
holung im einzelnen überflüssig erscheint'). Was
damals und später hierüber an die Öffentlichkeit
drang, das waren, wie gewöhnlich bei derartigen
Affären, halbe Hintertreppenwahrheiten. Ein Ober-
hof marschall, der in Abwesenheit seines Herrn eine
verborgene Sprengmine legt gegen einen Grafen von
ziemlichem Frondeurtalent, der aber immerhin seinen
Reichtum und seine ästhetische Bildung in den Dienst
einer aufstrebenden, aristokratisch gerichteten Kultur-
bewegung einstellte; dazu noch Zwischenträger und
Leisetreter, mitsamt dem häßlichen Wust und Kehricht,
der sich leider an den Treppen und zwischen den
1) Vergl. »Kunst für Alle«, März 1907.
Tapetentüren von Fürstenhöfen anzusammeln pflegt:
das alles läßt eine erquickliche Aufklärung fast nie-
mals zu. Das Endergebnis wird dem gesunden Ent-
wickelungsgedanken keinen Abbruch tun. Daß dem
Künstlerbunde als solchem zeitweilig in Weimar kein
Ausstellungslokal mehr zur Verfügung gestellt wurde,
mag man als einen Teil von jener Kraft erkennen,
die stets das Böse will und doch das Gute schafft!
Weshalb noch mehr Ausstellungen? Wer wollte be-
haupten, sie füllten eine »empfindliche Lücke« aus?
Weniger ausstellen, mehr Arbeit im Stillen, weniger
Aufsehen erregen, mehr Andacht beim Schaffen: Ach,
es war' ein Ziel, aufs Innigste zu wünschen! Ein
Motto für den Künstlerbund, eine Inschrift für seine
Fahne: »Nil exponere«.
Über müßiges Gerede dürfen wir endlich zur
Tagesordnung übergehen. Soviel steht fest: die ganze
Sache war im Grunde des Lärms nicht wert, denn
es handelte sich eigentlich um einen persönlichen
Machtkonflikt. Der künstlerische Prinzipienstreit war
nur die Draperie, hinter der die wundersame Causa
movens, der Wille zur Macht, beiderseits agierte und
agitierte. Und darum Räuber und Mörder? Wenn
man's nicht ein wenig tiefer wüßte. Dieser komische
Eifer für die »Ideale«, mit allen Schlagwörtern und
»unentwegten« Prinzipien einer unentwegten Selbstge-
fälligkeit. Diese betriebsame Dienstbeflissenheit und eitle
Eifersucht liefert den besten Boden für die Schmarotzer-
pilze in den Gärten der Großen dieser Erde. Schwer,