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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0103

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

ANGESTELLTE UND UNTERNEHMER

Von Fritz Hellwaq

Die Frage, ob den Angestellten an den Schöpfungen
oder Erfindungen, die sie im Dienste eines Unternehmers
hervorbringen, ein Anteil zustehe, beziehungsweise, ob sie
auch einen Anspruch an deren pekuniärem Ertrage er-
heben können, ist wieder sehr brennend geworden, da
kürzlich ein Gesetz über das künstlerische Urheberrecht
erlassen worden ist und eine Revision sowohl des Patent-
gesetzes als auch des Geschmacksmusterschutzgesetzes be-
vorsteht. Der »Verband deutscher Kunstgewerbevereine«
veranstaltet deshalb eine Umfrage, der ich folgende Stellen
entnehme:

»Das deutsche Patentgesetz wird in Bälde einer
Neubearbeitung unterzogen werden. Dabei wird voraus-
sichtlich auch der Anteil, den die Angestellten eines Ge-
schäfts an dem haben, was sie selbständig ersinnen,
durch den Gesetzgeber geregelt werden. Die Ange-
stellten der technischen Betriebe kämpfen seit Jahren
dafür, daß Ehre und Gewinn an ihren Erfindungen nicht
mehr in dem Maße wie bisher den Unternehmern, den
Firmeninhabern, sondern ihnen selbst zufallen sollen.
Die Unternehmer sind naturgemäß nicht gewillt, den
Wünschen der Angestellten Rechnung zu tragen. Ein
Ausgleich dieser Interessen muß in der Neubearbeitung
des deutschen Patentgesetzes gefunden werden.

Da es aber auch in den Betrieben der Kunstindustrie
dringend notwendig ist, den Anteil an der geistigen
Arbeit zwischen Unternehmern und Angestellten zu
regeln, so hat der deutsche Juristentag, um dem Gesetz-
geber Material zu liefern, auf das Programm seiner im
Herbst igo8 stattfindenden Tagung die Frage gesetzt:

,Welche Änderungen des bestehenden Rechts emp-
fehlen sich, um denjenigen Personen, welche in einem
Vertrags- oder Anstellungsverhältnis tätig sind, den ge-
bührenden Anteil an Nutzen und Ehre aus ihren Er-
findungen und sonstigen geistigen Schöpfungen sicher-
zustellen?'

Zwei Juristen haben den Auftrag, Gutachten über
diese Frage auszuarbeiten. Die Gutachten werden im
Laufe des bevorstehenden Winterhalbjahres durch den
Druck veröffentlicht und an die mehr als 2000 Mitglieder
des Juristentages verschickt. Zusammen mit den münd-
lichen Berichten zweier anderer Juristen bilden die Gut-
achten die Unterlage der Beratung und Beschlußfassung
des Juristentages.«
Da ist es zunächst notwendig, sich die wichtigsten
Unterschiede der vier Gebiete, auf denen solche Ansprüche
der Angestellten eventuell vorgebracht werden könnten,
klar zu machen. 1. Das Kunstschutzgesetz vom 9, Januar
1907 regelt den Schutz der selbständigen künstlerischen
(ästetisch wirksamen) Leistungen. 2. Das Geschmacks-
musterschutzgesetz vom 11. Januar 1876 gewährt der ge-
schmackvollen Darstellung gewerblicher Erzeugnisse Schutz,
also den ästhetischen Geschmacksmusterschutz. 3. Das
Gebrauchsmusterschutzgesetz vom l.Juni 1891 schützt Modelle

von Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen oder
von Teilen derselben, insoweit sie dem Arbeits- oder Ge-
brauchszweck durch eine neue Gestaltung, Anordnung oder
Vorrichtung dienen sollen. Diese Modelle sind demnach
kurzweg als Nützlichkeits- oder Gebrauchsmuster zu be-
zeichnen. 4 Das Patentgesetz vom 7. April 1891 erteilt
Schutz für neue Erfindungen, welche eine gewerbliche Ver-
wertung gestatten.

Es ist also bei 1 und 2 die ästhetische Seite und bei
3 und 4 die praktische Seite maßgebend. Bei 1 und 2
haben wir schon jetzt viele Berührungspunkte. Zum Bei-
spiel können Werke, die nach 1 schutzfähig sind, auch
zum Schutz nach 2 angemeldet werden. Es steht zu hoffen,
daß, je mehr sich das Gewerbe wieder heben wird, die
Unterschiede zwischen 1 und 2 sich mehr und mehr ver-
wischen und die beiden Gesetze schließlich in eins ver-
schmolzen werden. Wünschen wir doch auch nichts sehn-
licher, als daß der Name »Kunst«-gewerbe in absehbarer
Zeit ein ganz unnötiger Begriff sein werde.

Anders stehen 3 und 4 zueinander. Wenn sie auch
beide die praktische Seite schätzen, so bleibt zwischen
ihnen doch der fundamentale Unterschied, daß 3 die »Her-
stellung einer Form*, 4 dagegen einen »technischen Effekt
bezweckten« (Klostermann, Urheberrecht S. 100).

Auf allen vier Gebieten kann ein Angestellter in seiner
Arbeit Eigenes hervorbringen: er kann einen künstlerischen
Schöpfungsakt vollziehen; er kann einem gewerblichen Er-
zeugnis eine geschmackvolle Darstellung geben; er kann
für einen Gebrauchsgegenstand eine neue Nützlichkeits-
form finden; er kann endlich eine Erfindung machen, die
durch einen technischen Effekt eine gewerbliche Ver-
wertung gestattet.

Der Umfrage des »Verbandes deutscher Kunstgewerbe-
Vereine« wäre also folgende Formulierung zu geben:
Kann ein Angestellter aus solcher, im Dienste eines Unter-
nehmers geleisteten Tätigkeit die eingangs geschilderten An-
sprüche stellen? Sind eventuell einige Gebiete hierbei aus-
zuschließen ? Kann man eine prinzipielle allgemein gültige
Form finden, um die Rechte der Angestellten sicher zu
stellen und gegebenen Falles zu schützen?

Die Ansprüche des Angestellten zerfallen in drei Teile:
I. Das Urheberrecht soll sich an die Person des Ange-
stellten, als des Urhebers, heften.

II. Dem Unternehmer soll nur zeitweilig, unter Ge-
winnbeteiligung des Angestellten, die Nutznießung
der durch diesen hervorgebrachten Schöpfung ge-
stattet sein.

III. Für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses
soll, sowohl für I als auch für II, auf gesetz-
geberischem Wege Klarheit geschaffen werden.

Punkt I müßte natürlich die Vorraussetzung für die
Punkte II und III bilden. Deshalb ist es interessant, zu
sehen, wie sich die Gesetzgeber noch in allerletzter Zeit
(in den »Motiven« zum neuen Kunstschutzgesetz) über
diesen Punkt I geäußert haben, nämlich folgendermaßen:
»Nach den jedesmal obwaltenden Verhältnissen ist
auch die, namentlich für das Kunstgewerbe und das
 
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