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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Raspe, Th.: Die Ausstellung der Hamburger Kunstgewerbeschule Ostern 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0169

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Durchblick in den Saal der Klasse R. Luksch

Schülerarbeiten

DIE AUSSTELLUNG DER HAMBURGER
KUNSTGEWERBESCHULE OSTERN 1908

Von Dr. Th. Raspe

ERST vor Jahresfrist vollzog sich in der staat-
lichen Kunstgewerbeschule zu Hamburg jener
Umschwung, der einem Systemwechsel in
Arbeitsweise und Arbeitsziel gleichkommt. Was der
Leiter der Schule, Direktor Richard Meyer, damals
als Programm hauptsächlich durch Berufung ziel-
bewußter und künstlerisch charakterstarker Lehrer,
wie Adler, von Beckerath, Bossard, Czeschka (seit
Oktober 1907), Heller, Luksch, Salzmann, Schmidt,
Schönauer und Weiße, ankündigte, ist in der dies-
jährigen Osterausstellung der Schülerarbeiten zu einem
— man kann kaum weniger sagen - - einschneiden-
den Ereignis für Hamburg geworden. Die Bedeutung
dieser Ausstellung für das gewerbliche und künst-
lerische Leben Hamburgs, für die Industrie und weiter
für jeden, dem öffentliche und private Kulturarbeit
am Herzen liegt, wird freilich nur der ganz über-
sehen, der den vollen Wert der Kunstgewerbeschulen
erkannt und mit allen noch weit verbreiteten Vor-
urteilen aufgeräumt hat. Dem wird auch das vor-
liegende, jeden Zweifler anklagende Ergebnis nicht

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nur eine Reihe von beachtenswerten Leistungen sein,
sondern als Gesamtbild ein Ausdruck des Geistes,
der die mannigfachsten Richtungen und Persönlich-
keiten gleichzeitig freimacht und unterordnet.

Mag das Einschränkende denen gegenüber betont
werden müssen, die unsere Kunstgewerbeschulen noch
halbwegs als Schädlinge für gediegene, praktische
Arbeit verdächtigen, so darf die Freiheit der künst-
lerischen Entwickelung jedes Schülers und die Be-
freiung vom Überflüssigen, worauf das erste Unter-
richtsjahr wesentlich hinzielt, als Ausgangspunkt des
neuen Systems im Gegensatz zu seinem Vorgänger
genannt werden. So lange dieses frohmachende Ge-
fühl der Befreiung den Schüler während seiner Tätig-
keit beherrscht, so lange vor allem auch die Lehrer
als Künstler frei bleiben, ist die Gefahr des Akade-
mismus nicht zu fürchten. Diese Künstlerfreiheit der
Lehrer gilt natürlich ebensosehr für die älteren Mitglieder
(Beuhne, Hohle, Schroeder und andere), denen langjährige
Erfahrung in der Erziehungsarbeit das Recht gibt,
den Fortschritt in ruhiger Anpassung mitzumachen.

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