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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Neues aus dem Alten Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0016

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NEUES AUS DEM ALTEN WEIMAR

H. van de Velde

meist zu gleichen Teilen Ehrfurcht mit Verlangen nach
Freiheit vermischt. Für mannigfaltige Ausbildungs-
gelegenheit ist nun vorgesehen.

Auch in dem von van de Velde geleiteten Kunst-
gewerbeseminar hat inzwischen die praktische Aus-
bildung in Lehrkursen für die verschiedenen Fächer
der kunsthandwerklichen Techniken begonnen. Was
nun bereits seit Jahren die Neubelebung und Anregung
älterer, vorhandener, zum Teil aber stockender Kunst-
industriezweige (wie die Bürgeier Töpfereien, die Korb-
flechtereien von Tannroda bei Kranichfeld, die Elfen-
bein- und Bernsteinarbeiten in Ruhla) dem nimmer
rastenden Eifer van de Veldes verdanken, ist bekannt.
Sein Streben geht dahin, die alten Erwerbszweige für
die Bevölkerung des Großherzogtums und des Thü-
ringer Landes wieder auf dem Weltmarkt konkurrenz-
fähig zu machen. Dieses Bestreben verdient eine um
so wohlwollendere Förderung, als es vielfach, und
erst kürzlich wieder, mißverständlicher Auffassung
und Be- bezw. Verurteilung in der Tagespresse be-
gegnet. Ach ja, die Zeitungen — hin und wieder
kommt man in Versuchung, wenn auch nicht Auf-
hebung der Preßfreiheit, so doch eine Beschränkung
der Beschränktheit in der Presse von staatswegen
sehnlichst zu wünschen! Liest man die von Sach-
kenntnis völlig ungetrübten Auslassungen über Kunst,

Kunstgewerbeblatt. N. F. XIX. H. 1

Treppenhaus im neuen Kunstgewerbe-Institut

so weiß man nicht, wen man am meisten bedauern
soll, die Schreiber oder die Leser. Der neueste An-
griff richtet sich gegen den Versuch van de Veldes,
die Holzschnitzbetriebe des Thüringer Waldes dadurch
zu heben, daß gute brauchbare Vorbilder geschaffen
werden. Für die Schnitzerwerkstätten zu Empferts-
liausen und Kaltennordheim hat nicht etwa van de
Velde selber Modelle angefertigt. Dazu besitzt sein
Wesen, wie er gern bekennt, die entsprechende Ein-
bildungskraft und den Humor (z. B. für Spielzeug)
nicht. Sondern ein Kleinkünstler, Erich Kleinhempel, hat
sich damit beschäftigt. Und diese Modelle scheinen
mir harmlos genug und im Geiste der Sache so auf-
gefaßt, daß sie keineswegs die gesunde Ursprünglich-
keit einer »Heimatkunst« so zu schädigen geeignet sind,
wie es leider auch Wilhelm Spohr annehmen zu
müssen glaubte. Bei vorheriger Erkundigung und Be-
augenscheinigung des Charakters dieser Modelle dürfte
es höchst wahrscheinlich sein, daß Spohr, anstatt als
Angreifer, als Befürworter der Absichten van de Veldes
aufgetreten wäre.

Wir bringen auf Seite 16 einige Proben von
neuen Korbmöbeln, Blumentischen, Elfenbeinpfeifen,
nebst Falzbein, und einem Silbergefäß für Schnitt-
blumen. Dazu vier Lampen mit Beleuchtungskörpern
für elektrisches Licht, welche eine Kraft der Durch-
 
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