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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Neues aus dem Alten Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0017

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10

NEUES AUS DEM ALTEN WEIMAR

Neubau an der Kunstschule

bildung ihrer Zweckform zeigen, die zur Anerkennung
zwingt. Das ist Reife der Gestaltung.

Unter den jüngeren Architekten Weimars verdient
Bruno Röhr Beachtung. Die Schwierigkeiten, bau-
künstlerisch Gediegenes in die von den Auftraggebern
gezogenen Grenzen hineinzubringen, kann nur be-
greifen, wer die Zustände kennt, die mit dem Bauen
für andere verknüpft sind. Diese Kompromisse bleiben
schmerzlich gebunden an die Unzulänglichkeit des
menschlichen Verstandes und Vermögens.

Nach einer Jugendsünde im Warenhausbau Tietz
auf dem Markte, hat Röhr beim Kaufhaus Lämmerhirt
am Goetheplatz die ihm gestellte Aufgabe in einer
Weise gelöst, daß, wer den letztgenannten Eckbau
sieht, nicht auf den Gedanken kommen würde, der
erstgenannte sei von demselben Urheber!

In Privatbauten hat Röhr sehr Anerkennenswertes
geleistet. Die Anlehnung an das bürgerliche Barock

kommt im Haus Heydenreich in Oberweimar, in Ver-
bindung mit der terrassenförmigen Gartenanlage, zu
einheitlich geschlossener Wirkung. Das Innere dieses
Hauses zeigt gleichfalls gute Raumlösungen. Für den
Maler Ludwig v. Hofmann baute er das Wohnhaus
in der Elisabethstraße Nr. 2, nebst dem dazugehörigen
kleinen, anheimelnden Atelierhaus (Abb. Seite 10 u. 11).
Das nach Idee und Plan des Malers Gallhof erbaute,
im assyrischen Tempelstil modifizierte Haus, mit
Atelier und flachem Dach bei interessanter Raum-
disposition im Innern, zeigt eine seltene Unabhängig-
keit des Geschmackes. Die Vereinigung künstlerischer
Bildung mit einer weltmännischen Beimischung von
Großzügigkeit erscheint hier in besonders glücklicher
Weise gelöst (Seite 12).

Der Erbauer ging bei der äußeren wie inneren
Gestaltung von dem Gedanken aus, alle Formen der
Mauerflächen, wie der Fenstereinschnitte und der
Schränke im Innern dem breiten, liegenden Rechteck
einzugliedern. Die gestreckten, festungartigen Bau-
einheiten der ägyptisch-assyrischen Periode sind inner-
halb der beschränkten heutigen Bauverhältnisse kaum
im großen Stile durchzuführen. Von außen nur durch
Flächen (Quadrate und farbig-breite Bänder) zu wirken,
unter Verzicht auf Ornamente, ist das Leitmotiv des
Ganzen. Die Wände sind an den vier Ecken strebe-
pfeilerartig vorspringend, wodurch die stark »unter-
setzte« Kraft der schrägen Wand in monumentaler
Wirkung erzielt wird. Das flache Dach zeigt zwei
unterbrechende Terrassen mit Plattform und Pergola,
welche in verschiedener Beleuchtung scharfe Schatten-
wirkungen hervorrufen und mit buntfarbig gestrichenen,
rechteckigen Säulen umstanden sind. Darüber eine
Holzgitterkrönung für Anbringung von Ranken-
gewächs.

Auf dem Hügel >am Hörn« hat Schultze-Naum-
burg neuerdings mit der Villa Wildenbruch aufs deut-

Atelierhaus

für

Ludwig von Hofmann

Architekt Bruno Röhr,
nach der Zeichnung
 
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