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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0085

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

FRAGE UND ANGEBOT

Billige Küchenmöbel. Wir empfingen folgendes
Schreiben: Geehrte Redaktion! Ich bin ein sogenannter
»kleiner Beamter«. Wenn ich auch nicht dem Kunstgewerbe
selbst angehöre, so stehe ich ihm doch durch meinen
Beruf wenigstens nahe. Das hat mich dazu geführt, den
Vorträgen in unserem Kunstgewerbeverein aufmerksam
zuzuhören. Als die sogenannte neuzeitliche Bewegung ein-
setzte, bin ich ihr mit meinen Freunden mit Interesse ge-
folgt. Wir haben die so oft wiederholten Forderungen
nach Vermeidung falschen Prunkes, nach Materialechtheit,
einfachen und zweckentsprechenden Formen usw. verständ-
nisvoll in uns aufgenommen. Und jetzt, da ich mich
demnächst zu verheiraten gedenke, wollte ich die neuen
Ideen, die mir so oft und warm gepredigt wurden, ins
Praktische übersetzen. Ich will mich nämlich einrichten. Bei
einem Mann in meiner Stellung hat dies Wort einen dop-
pelten Sinn, es heißt auch: mit wenigem einrichten. Und
ich muß sagen, es ist mir geglückt. Ich habe die teuren
Sachen vermieden und keine Künstlermodelle gesucht. Ein-
zig allein bei der Küche bin ich radikal »aufgesessen«.
Ich habe mir unendliche Mühe gegeben, etwas Einfaches
und dabei Billiges zu finden. Vergebens! Sie machen
sich keinen Begriff von meiner »Odysee« bei der Suche
nach einem »anständigen« Küchenbüfett! Wozu lesen
denn die Kunsthandwerker Ihre schöne Zeitschrift, wenn
sie immer noch diese schrecklichen Trumm-Küchenmöbel
fabrizieren? Ich darf natürlich nicht verallgemeinern, es
wird gewiß bei den besseren Kunsttischlern, an die ich
mich ihrer Preise wegen nicht wagen durfte, sehr gute
und einfache Küchenmöbel geben, aber in den Läden,
wo die Erzeugnisse der Industrie zu finden sind, war
in diesem Zweige nur das Allergeschmackloseste zu haben.
Rechnet man immer noch damit, daß die kleinbürgerlichen
Frauen von einfachen bescheidenen Möbelformen nichts
verstehen, sondern diesen abscheulichen angeleimten Pomp
der Profilstückchen, der geschnörkelten Kapitale, der grie-
chischen, oder gedrehten Renaissancesäulen, diesen Jngend-
Wurstsalat verlangen, daß man ihnen für ihr eigenstes Reich,
»die Küche«, das und nur das bietet? Aber die Hausfrauen
wollen zum mindesten Praktisches, und diese Industrie-
Küchenmöbel sind alles Andere, nur nicht praktisch! Die
einen Schränke hatten keine Schubfächer, die anderen keine
Auszugplatten, die dritten keinen Raum zum Abstellen des
gebrauchten Geschirres; diese hatten nicht die nötige Tiefe,
um zwei Teller hintereinander zu stellen, bei jenen müßte
für einen einzigen Tellerstapel unvernünftig viel Raum ver-
schwendet werden. Aber das schlimmste war doch das
Äußere, dieses Scheintheater in imitierter Eiche usw.! Man
nennt solche Möbel in Bayern »Geraffelwerk«. Ich kann
Ihnen versichern, daß ich in mindestens zwölf der größten
Geschäfte der Friedrich- und Leipzigerstraße in Berlin ge-
wesen bin, und überall dasselbe »Gerät« gefunden habe.
Meine »angewandte« Ästhetik mußte also in der Tat an
der Schwelle der Küche Halt machen.« — (Wenn auch in
diesem Brief manches ein wenig übertrieben sein mag, so
ist doch sicher auch Wahres darin, das unsere Industrie
beachten möge. Red.)

Kunstgewerbcblatt. N. F. XIX. H. .,

TECHNIK UND HANDWERK

Warum brennt »feuerfest« imprägniertes Holz?

Nach einem Bericht in »Möbel und Dekoration« kennt man
bisher nur zwei Substanzen, die dem Holz die Eigenschaft
verleihen, daß es bei der Berührung mit einer starken, kräftig
brennenden Flamme nur kohlt und sofort zu kohlen aufhört,
sobald man die Flamme wegnimmt. Diese Substanzen sind
die Borsäure einesteils und ein Gemisch von Phosphor-
säure und Ammoniak andererseits. Das Holz wird in Ge-
fäße getan, die man luftleer macht, um dem Holz die in
ihm enthaltene Luft sowie die Feuchtigkeit zu entziehen.
Dann führt man ihm die feuerfeste Lösung unter Druck zu.
Dieser Druck muß nun aber so geregelt werden, daß die
innere Struktur des Holzes nicht verändert wird; das ist aber
sehr schwierig. Sobald nach dieser Richtung hin etwas
versehen wird, so ist das ganze Verfahren zwecklos, trotz-
dem es ebensoviel kostet, wie das Holz selbst. Auf diese
Weise erklärt es sich, daß »feuerfestes Holz ebenso leicht
brennt, wie gewöhnliches.

Über die Herstellung von Goldpurpur schreibt das
Journal für Goldschmiedekunst: »In verschiedenen Spezial-
zweigen unserer Edelmetallbranche hat sich in letzter Zeit
auch der Cassiussche Goldpurpur bekannt gemacht, eine
Mischung, die aus sogenanntem kolloidalem Gold und
kolloidaler Zinksäure gebildet wird und ein violettfarbenes
Pulver darstellt. Hergestellt wird der Goldpurpur, wenn
man eine Goldchloridlösung mittelst Zinnchlorür zur Füllung
bringt, oder aber auch, wenn man eine Legierung von Gold,
Zinn und Silber mit Salpetersäure behandelt. Unter kolloi-
dalen Lösungen versteht man die Lösungen von Metallen
in nichtmetallischer, wasserlöslicher Form (sogenannte Hy-
drosole), die dadurch erhalten werden, daß man das betref-
fende Metall durch starke elektrische Entladungen unter
dem Wasser zur Zerstäubung bringt. Kolloidales Gold hat
z. B. die Eigenschaft eines Substantiven Farbstoffes.«

KÜNSTLER UND FABRIKANT

Die Muster der Textilbranche. J. A. Loeber er-
zählt in der Zeitschrift für gewerblichen Unterricht, wie in
den deutschen Fabriken die französischen Muster, auf die
man sich bei einem französischen Musteragenten abonniert,
mit kleinen Änderungen »neu entworfen« werden. Man
staunt einfach, bei Betrachtung dieser »neuen« Muster,
über die unglaubliche Kunstverdrehung, die gepfefferte
Kunstware«, die den deutschen Abnehmern durch den
französischen Geist als vorbildlich zugeschickt wird.

An der Eisenacher Ordnung, der projektierten Ge-
bührenordnung für das Kunstgewerbe, die wir im vorigen
Hefte mitgeteilt haben, wird in der »Werkstatt der Kunst«
von einem Künstler eine Kritik geübt, von der wir ein
Beispiel anführen: Zu einem Armband in Silber mit Halb-
edelsteinen wird ein Entwurf geliefert. Verkaufspreis des
Armbandes sei 25 Mark. Das Verhältnis von Material-
zu Arbeitskosten weist das Erzeugnis nach »Klasse III«.
Hier beträgt die Grundgebühr 15%. Zu berechnen ist also
für Vorentwurf .... 3.75 Mk.
für Werkzeichnung . . . 3,75 „
für Wiedergebühr (10X) 37.50 ^_
zusammen 45,— Mk.
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