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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Graul, Richard: Einige Bemerkungen über die neueste figürliche Porzellanplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0130

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EINIGE BEMERKUNGEN ÜBER DIE NEUESTE FIGÜRLICHE PORZELLANPLASTIK

Tafelaufsatz von Laiche. Sevres

an ideale Ziele eine künstlerisch bessere Ware ein-
zuführen suchten, haben vergeblich gegen die
herrschende Allmacht des Ungeschmacks gekämpft.
Sie verloren die Lust und ihr Kapital!

Um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war
der Geschmack der industriellen Porzellanplastik schon
tief gesunken. Zum Beweis mögen die thüringischen
Porzellanfabriken angeführt werden, die während ihrer
ersten Entwickelung von den sechziger Jahren bis in
die achtziger des achtzehnten Jahrhunderts trotz einer
meist unzureichenden Technik doch künstlerischen
Ehrgeiz gezeigt und nicht selten sehr Ansprechendes
geleistet hatten, um dann während des neuen Jahr-
hunderts im Figürlichen künstlerisch ganz zu versagen.
Dabei sind sie es gerade gewesen, die die Demo-
kratisierung des Porzellans geschäftlich am geschick-
testen ausgebildet haben und die in dem Geschirr
wenigstens den Segen einer wohlfeilen praktischen
Ware im Volk verbreitet haben. Die großen Staats-
manufakturen litten ebenso sehr unter dieser Kon-

kurrenz der billigen Ware in Porzellan und Steingut,
wie unter der allgemeinen Ungunst einer Zeit, der
nichts ferner lag, als eine Passion für das Porzellan
zu hegen, wie sie die vornehme Welt im achtzehnten
Jahrhundert ergriffen hatte. Erst seit der Mitte des
neunzehnten Jahrhunderts beginnt sich außer den
technischen Vervollkommnungen auch ein künst-
lerisches Interesse am Porzellan wieder zu entwickeln.
Aber im Plastischen begnügte man sich gewöhnlich
mit der Benutzung alter klassizistischer Modelle.
Ohne der Geschichte Gewalt anzutun, kann man
daher sagen, daß in den großen Staatsmanufakturen
erst seit den achtziger Jahren wirklich ernsthafte
Versuche gemacht worden sind, neben dem viel
regeren Interesse für die technischen Verbesserungen
der Porzellanindustrie und für die malerische De-
koration ihrer Produkte auch die Figurenplastik un-
abhängig von den alten Modellen zu pflegen.

Den Anstoß zu diesen neuen plastischen Ver-
suchen wie überhaupt zu einer neuen Formen- und

Kinder mit Körben. Aus einem Tafelaufsatz von Cheret. Sevres
 
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