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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Hellwag, Fritz: Delegiertentag der Kunstgewerbevereine in Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0145

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DELEGIERTENTAO DER KUNSTGEWERBEVEREINE IN HANNOVER

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ihren Schöpfungen sicherstellen? An der schriftlichen Be-
ratung der Angelegenheit hatten sich die Vereine Dresden,
Hamburg, Ostpreußen, Neiße, Krefeld, Berlin, Pforzheim
und Chemnitz beteiligt.

Die Erklärung des Hamburger Vereins verlangte, daß
bei der Ausstellung kunstgewerblicher Erzeugnisse der
geistige Urheber genannt werden sollte, besonders bei
größeren Werken, aber erwünscht seien hierfür besondere
Vereinbarungen und kein Gesetz. Bei kleineren Entwürfen
hält er die Anbringung der Künstlernamen nicht für er-
forderlich. Verträge, nach denen das Urheberrecht an den
Entwürfen der Angestellten prinzipiell an den Geschäfts-
herrn übergehen sollen, müssen unbedingt ausgeschlossen
sein. Solche Verträge seien als unsittlich zu bezeichnen.

Osterrieth empfahl im Einverständnis mit dem Berliner
Verein, die sozialpolitische Seite der Frage nicht zu sehr
in den Vordergrund zu rücken, weil sonst bei den heute
leider noch bestehenden Anschauungen der Regierungen
über die Möglichkeit einer richtigen Bewertung geistiger
Arbeit die Lösung sonst fraglich werden könnte. Wenn
auch das Urheberrecht sich an die Person des schöpferi-
schen Angestellten hefte, so könne es doch nicht dauernd
bei jenem bleiben, da Geschäft, Inhaber und Angestellter
ein Ganzes bilden und deshalb dem Angestellten allein
eine Möglichkeit der Wahrung aller Urheberinteressen
nicht gegeben seien. Der Künstler, als Angestellter für
das Entwerfen gewerblicher Entwürfe zu geschäftlichen
Zwecken des Geschäftsherrn, muß deshalb als verpflichtet
angesehen werden, dem Arbeitgeber das Urheberrecht zu
überlassen, da sonst ein geschäftlicher Betrieb überhaupt
unmöglich sei. Es seien hierfür nicht nur die in den Ge-
schäftsstunden entstandenen Entwürfe, sondern auch in der
freien Zeit des Angestellten entstandenen Schöpfungen
heranzuziehen, denn die schöpferische Tätigkeit ist an keine
Zeit und keinen Ort gebunden. Dies bezieht sich natür-
lich nur auf diejenigen Entwürfe, die in den Zweig und
die Art desjenigen Betriebes fallen, in dem der Urheber
angestellt ist. Alle andersartigen Schöpfungen verbleiben
in jeder Hinsicht dem Urheber. Es wird schon durch den
§ 12 usw. des Kunstschutzgesetzes bestimmt, daß die An-
bringung ebenso wie die Fortlassung des Namens des
Urhebers unzulässig sei, wenn eben nicht besondere Ab-
machungen vorlägen oder nach Art des geschäftlichen Be-
triebes ein stilles Einverständnis des Urhebers vorausge-
setzt werden könne. Die Fragen, ob man den Angestellten,
dessen Urheberrecht auf den Geschäftsherrn übergegangen
sei, am Gewinn beteiligen könnte, erscheint fraglich, weil
man ihn gerechterweise auch am Risiko resp. Verlust be-
teiligen müßte.

Direktor Professor Moser, Kaiserslautern, referierte
über Kunstgewerbe- und Gewerbemuseen. Er befürwortete,
die Kunstgewerbemuseen historisch zu fassen, den Ge-
werbemuseen dagegen die Kunst und das Gewerbe der
Gegenwart vorzubehalten. Als besonders wichtig wurde
die von Herrn Direktor Moser eingeführte Erweiterung
seines Museums nach der technologischen Seite hin an-
gesehen. An der Debatte beteiligten sich die Herren
Kunsthistoriker Glüenstein und Professor Scharrvogel.
Letzterer betonte, man solle im Gewerbemuseum direkt
lesen können, d. h. den Werdeprozeß des einzelnen Stückes,
wie es aus dem Material herauswächst, erkennen können.
Der Handwerker solle sich wirklich Instruktionen holen
können. Professor Pfeiffer, München wünscht für die süd-
deutschen Sammlungen ein Zugänglichmachen nach Art
der norddeutschen Museen. Fabrikant Stöffler, Pforzheim,
betont die wirtschaftliche Seite. Der Zug der Zeit heiße:
Spezialisierung. Die alten mit den neuen Beispielen in
Kunstgewerbeblatt. N. F. XIX. H. 7

Fühlung zu erhalten, sei wichtig, damit auch die heutige,
noch anders vorgebildete Generation bestehen könne. Dr.
Graul warnt die Kunstgewerbemuseen vor der Erwerbung
moderner Stücke. Direktor Hoffacker wendet sich gegen
die Zeichenbureaus der Museen, die meistens nur eine
faule Brücke für die Gewerbetreibenden bedeuten.

Direktor Thormählen referierte über Lehrwerkstätten,
er wünscht, da die Werkstätten an Schulen angegliedert
seien, die Einführung der präziseren Bezeichnung Schul-
werkstätten. Er betonte, daß aus den Zöglingen derjenigen
Schulen, denen keine Werkstätten angegliedert seien,
meistens nur Zeichner würden, ein Umstand, der dem
praktischen Gewerbe nicht zugute käme. Den Schülern
der Werkstätten aber würde eine Beschäftigung mit dem
Material ermöglicht, die in der Lehre selten sei und ihnen
Liebe zum Material, zur Steigerung der Qualität einflöße.
Das Resultat einer solchen Beschäftigung sei, daß die
Schüler ganz von selbst gezwungen würden, die Gesetze
des Materials zu befolgen. Sie lernen vor allem eine rich-
tige Kalkulation und wissen, aus wie vielen Kleinigkeiten
schließlich der Preis des Werkes entsteht. — An diesen
Vortrag schloß sich eine sehr lebhafte Diskussion, an der
sich viele Herren beteiligten. Die Äußerungen der Fabri-
kanten und Handwerker bewiesen, daß sie Herrn Pro-
fessor Thormählen in einigen Punkten vollkommen miß-
verstanden hatten. Der Referent betont deshalb nochmals,
daß durch die Schulwerkstätten durchaus kein Ersatz der
Meisterlehre angestrebt werden solle, ganz im Gegenteil. —
Herr Geheimer Oberregierungsrat Dönhoff führte die Dis-
kussion auf das Wesentliche zurück. Er betonte, daß von
den Schulwerkstätten nicht etwa dem Beruf neue Kräfte
zugeführt werden sollten, sondern, daß ganz im Gegenteil
die Besucher der Schulwerkstätten aus dem Beruf her-
kommen und in ihnen weitergebildet werden sollen. Die
Werkstätten würden nur nach dringendem Bedürfnis er-
richtet. Die Schüler sollen nicht für einen bestimmten
Zweck ausgebildet werden, sondern sie sollten ihren Ge-
sichtskreis und ihre Fähigkeiten derartig erweitern, daß sie
imstande wären, das Handwerk als Ganzes zu erfassen.
Der Zug nach den Bureaus sei ein Zug der Zeit. An
einen Ersatz der Meisterlehre werde nicht gedacht, sondern
höchstens an eine Ergänzung derselben. Nicht Diejenigen
würden als Schüler in die Werkstätten aufgenommen, die
leicht durch die Meister selbst ausgebildet werden könnten,
sondern nur die Vorwärtsstrebenden, die sich auf eine
höhere Stufe zu erheben wünschten. Es wurde folgende
Resolution angenommen: »Der Delegiertentag erblickt in
den Schulwerkstätten ein wichtiges Erziehungs- und Förde-
rungsmittel des Kunstgewerbes.«

Herr Fabrikant Stöffler befürwortete den Antrag des
Kunstgewerbevereins Pforzheim, die besten Erzeugnisse
der kunstgewerblichen Lehrwerkstätten in Form von Wander-
ausstellungen den Verbandsvereinen wechselseitig vorzu-
führen. — Der Plan wird von der Versammlung sym-
pathisch aufgenommen. — Professor Pfeiffer, München,
betonte, daß allerdings durch die Arbeiten von Lernenden
nichts gelehrt werden könnte, daß es aber, wie auch Herr
Professor Scharrvogel sagte, ein gutes Mittel sei, dem
Publikum ein Verständnis für das Kunstgewerbe zu ver-
mitteln. — Direktor Meyer, Hamburg, glaubte ebenfalls,
daß dem Verbände hiermit ein Mittel gegeben sei zur An-
regung des Publikums und zum Propagieren der Ziele des
Verbandes. Er wünschte, daß diese Schülerausstellungen
auch in den höheren Lehranstalten zirkulieren sollten. —
Herr Lahmeyer betonte, daß derartiges ja eigentlich in den
kunstgewerblichen Läden zu sehen sei. — Professor Scharr-
vogel widersprach und wies darauf hin, daß in den Läden

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