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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Hellwag, Fritz: Delegiertentag der Kunstgewerbevereine in Hannover
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0146

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BUCHERSCHAU

leider meistens der Kitsch gezeigt würde, weil man daran
mehr verdiene. — Kunsthistoriker Glüenstein warnt davor,
daß diese Schülerausstellungen zu einem Wettrennen
der Vereine ausarten. — Nachdem Direktor Schulze, Elber-
feld, hervorgehoben hatte, daß die besten Schülerarbeiten
wirklich würdig seien, öffentlich ausgestellt zu werden,
beschloß der Verband, einen Versuch mit solchen Wander-
ausstellungen zu machen. Der Kunstgewerbeverein in
Pforzheim wird die erste Ausstellung vorbereiten.

Zu später Stunde verstand es Herr Direktor Dr. Pabst,
Leipzig, die ermüdeten Teilnehmer durch einen außer-
ordentlich interessanten Vortrag über die technische Arbeit
als Erziehungsmittel zu erfrischen. Der Aufsatz ist in seinen
wesentlichen Punkten bereits erschienen in Heft 5 unserer
Zeitschrift, die in zahlreichen Exemplaren durch den Vor-
tragenden an die Zuhörer verteilt wurde und ihnen das
Verständnis wesentlich erleichterte. — Die Technik sei zu
allen Zeiten ein sehr wichtiges Erziehungsmittel auf allen
Gebieten gewesen, leider sei aber in unseren Tagen die
Ausbildung von Hand und Auge in unverantwortlicher
Weise vernachlässigt worden. Der Zusammenhang von
Kopf und Hand sei so einleuchtend, daß man die in un-
seren Tagen geübte abstrakte Lehrmethode kaum verstehen
könne. »Es müsse die Ausbildung von Hand und Auge
schon bei Kindern angestrebt und auf allen Stufen der Er-
ziehung fortgesetzt werden.« — Herr Geheimer Regierungs-
rat Dr. Ing. Muthesius hob, im Einverständnis mit der
ganzen Versammlung, hervor, daß dieser Vortrag nicht nur
für das engere Gebiet des Kunstgewerbes Bedeutung habe,
sondern daß in ihm ein Mittel liege, die ganze Nation zu
heben und auf einen lang ersehnten Weg zu bringen.
Infolgedessen wurde noch folgender Nachtrag zu der Re-
solution des Referenten beschlossen: »Die Vertreter der
Kunstgewerbevereine sind von der Wichtigkeit der Aus-
führungen des Herrn Direktor Dr. Pabst überzeugt und

beschließen, bei den maßgebenden Behörden vorstellig zu
werden, damit die neue Erziehungsmethode obligatorisch
eingeführt werde.«

Damit war die Tagesordnung erschöpft und die Ver-
sammlung schloß mit einem Hoch auf den verdienstvollen
Vorsitzenden, Herrn Geheimen Regierungsrat Dr. Ing.
Muthesius und mit einem Dank an den vielbeschäftigten
Schriftführer Herrn Dr. Lehnert.

Außerhalb der Tagesordnung befürwortete noch Herr
Professor Pfeiffer, München, daß der Verband der Kunst-
gewerbevereine den Bestrebungen des Werkbundes aufmerk-
sam folgen und dem Bunde seine Sympathien aussprechen
möge. — Der Antrag fand Aufnahme in das Protokoll.

Der Abend des zweiten Tages vereinigte die Teil-
nehmer noch in einer geselligen Unterhaltung im Künstler-
hause.

Der dritte Tag war einer Besichtigung der Stadt
Hannover und einem Ausfluge nach Hildesheim gewidmet.

Wir konnten an dieser Stelle nur kurz den Gang der
Beratungen andeuten, da ein eingehenderes Referat einen
erheblich größeren Raum beansprucht haben würde, der
uns leider nicht zur Verfügung steht. Wir behalten uns
deshalb vor, die Themata noch im einzelnen ausführlicher
zu behandeln.

Hierbei werden wir noch auf einen Punkt der Tages-
ordnung zurückkommen müssen, von dem wir heute noch
nicht gesprochen haben: Er betrifft das Referat des Herrn
Professor Groß, Dresden, über Kunstgewerbliche Zeit-
schriften. Wenn auch die Diskussion wesentliche Dinge
leider nicht zutage gefördert hat, so ist schon die Tatsache
allein, daß eine solche Frage ernsthaft und in anregender
Weise vorgetragen wurde, so wichtig, daß wir auch unserer-
seits Stellung nehmen müssen. f. HELLWAO.

BÜCHERSCHAU

A. Lichtwark: »Vom Arbeitsfelde des Dilettantismus* und
»Blumenkultus; Wilde Blumen«. Volksausgaben. Bruno
Cassirer, Berlin 1907. Gebunden M. 2,50 und M. 3,20.
Von dem Werke Lichtwarks »Die Grundlagen der
künstlerischen Bildung« sind bis jetzt 13 Bände erschienen
und davon liegen die am Kopf genannten beiden in zweiter
Auflage vor. (Die Seele und das Kunstwerk, 3. Aufl. —
Die Erziehung des Farbensinns, 2. Aufl. — Palastfenster
und Flügeltür, 2. Aufl. -- Drei Programme, 2. Aufl. —
Übungen in der Betrachtung von Kunstwerken, 4. Aufl.)
In diesen geistreichen Studien, die zum Teil in Druck ge-
legte Vorträge des Verfassers sind, bespricht derselbe
allerlei zeitgemäße Fragen der Kunst und übrigen Kultur
und bringt seine Wünsche mit der Wärme der Über-
zeugung zum Ausdruck. Wer sich für die einschlägigen
Fragen überhaupt interessiert, wird diese Bücher mit Ge-
nuß und Vorteil lesen.

Lichtwark verspricht sich vom ernsten, organisierten
Dilettantismus das Heil einer neuen Volkskunst (den ober-
flächlichen will er erbarmungslos ausgerottet wissen)
und macht spezielle Vorschläge in bezug auf Liebhaber-
bibliotheken, Buchausstattung, Bucheinbände, Lesezeichen,
Exlibris usw. Dabei erfährt der Leser, was auf dem Ver-
suchsfelde Hamburg bis jetzt erzielt wurde. Besonders
interessant sind die Bemerkungen über die Geschichte des
Bucheinbandes und der Vortrag über Bildnismalerei und
Amateurphotographie.

Der Band über Blumenkultur singt das hohe Lied der
wilden Blumen, des Chrysanthemums usw. und macht be-
herzigenswerte Vorschläge über den Fensterschmuck, die
Blumenauslagen, die Haus-und Wintergärten, über Hecken
und Gitter, über Töpfe, Vasen, Untersetzer, Blumenkörbe
und anderes mehr. An manchen Stellen wird im Leser
das Gefühl aufkommen, daß vieles, was der Verfasser sich
hübsch im Kopfe malt, sich schwer wird in die Wirklich-
keit versetzen lassen, weil dort bekanntlich sich die Sachen
hart im Räume stoßen. An anderen Stellen kann man zur
Meinung kommen, daß Türen berannt werden, die eigent-
lich schon offen sind. So sind z. B. die erhofften klein-
und vielblütigen Chrysanthemen schon längst da, in allen
Schattierungen vom Weiß bis zum Braunviolett; man sieht
und zieht sie nur zu wenig, weil sie zu wenig gekauft
werden. Dem Wunsche nach Einführung der Wildblumen
und Wildrosen in die Gärten ist ebenfalls längst Rechnung
getragen. Eisenhut, Fingerhut, Akeley, Löwenmaul, Kamille,
Goldaster, Virgilaster, Alant, Rainfarn, Ochsenauge, Gold-
rute, die Kugeldisteln, die Glocken- und Flockenblumen,
die Feder-, Bart-, Kleb- und Lichtnelken, die Nacht- und
Mondviolen, die Enziane, Geranien, Malven und Woll-
kräuter, Helleborus, Astrantia, Thalictrum, Gemswurz,
Germer, Iris germanica und Pseudacorus, die Seerosen,
Ehrenpreis, Veilchen, Vergißmeinnicht, Ringelblumen,
Primeln, Sinngrün, Trollblumen, beide Maiblumen, Ane-
monen, Ranunkel und Hahnenfuß, Kibitzeier,Crocus,Schnee-
 
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