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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Pudor, Heinrich: J. M. Olbrich: (geb. 12. Dezember 1867 in Troppau, gest. 8. August 1908 in Düsseldorf)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0243

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234

J. M. OLBRICH

Studentisches Exlibris von Elli Hirsch, Berlin

J. M. OLBRICH

(geb. 12. Dezember 1867 in Troppau, gest. 8. August 1908

in Düsseldorf)

Von Dr. Heinrich Pudor

Olbrich war neben Behrens das bedeutendste Talent
des Darmstädter Kreises. Er kam nach Darmstadt aus
Wien, wo er Schüler Otto Wagners war. Dieser Umstand
macht ihn für die geschichtliche Betrachtung besonders
interessant. Denn in Wien hatte der Biedermeierstil, der
im Grunde deutscher Empirestil war, sich am stärksten
und charakteristischsten entwickelt, und in der ersten Zeit
seiner Entwickelung erinnert Olbrich, bezugsweise seine
Kunst noch recht stark an diesen Wiener Biedermeierstil
— vergl. z. B. seinen Damensalon eines Wiener Landhauses,
wo die Einteilung der Wände, die Bilderrahmen, die Art
der Aufhängung der Bilder, der Ofen in seiner Gestalt und
mit dem Kreuzornament, das Sofa, vollständig im Charakter
des Biedermeiers gehalten sind (nur der Teppich und der
Kronleuchter sind ausgesprochen »secessionistisch«). Ein
anderes Beispiel bildet der Salon aus dem Hause J. Stade.

Sein Lehrer Otto Wagner fühlte aber zugleich auch
noch die Verbindung mit der der Zeit nach näheren
Renaissance des 19. Jahrhunderts und dem Farbenkultus
eines Makart. Makart wurde zu seiner Zeit bekanntlich
auf Händen getragen; man wallfahrtete nach seinem Atelier
und wer nur mitsprechen wollte in der Gesellschaft, war
bestrebt, die Einrichtung seines Hauses wenigstens hie und
da, sei es in der Gruppierung, sei es in einer malerischen
Ecke mit dem Makartstrauß, an die des Ateliers des ge-
feierten Künstlers anklingen zu lassen. Heute erscheint uns
Makart dagegen fadenscheinig. Er hat bedenklich abgeblaßt.
Seinerzeit aber galt auch der Wiener Makart als ein Banner-
träger des Koloristischen. Und hier folgte ihm in Wien
Otto Wagner, dem wiederum Olbrich folgte. Auf Makart
im letzten Grunde geht das »in Farben Dichten Olbrichs,
seine Farben-Raumpoesie zurück. In seinem eigenen Darm-
städter Hause finden wir ein grünes, ein rotes, ein blaues
Zimmer und immer ist die Farbenharmonie glücklich durch-

geführt. Am interessantesten waren nach dieser Richtung-
die drei von der Darmstädter Möbelfabrik Gluckert aus-
geführten, von Olbrich entworfenen Zimmer der Turiner
Ausstellung. Wesentlich die Farbe ist es, die diesen Räumen
den außerordentlichen Reiz verlieh. Man möchte mit An-
lehnung an eine von dem Schotten Whistler beliebte Art
das eine Zimmer (Schlafzimmer) als Harmonie in braun,
das andere (Teezimmer) als Harmonie in gelb bezeichnen.
In vielen Fällen tritt hierzu als kontrastierende Hauptfarbe
weiß hinzu. Beim Schlafzimmer sind die Möbel in weiß,
die Wandtäfelungen in dunkelbraun, beim Teezimmer die
Wände in weiß und alles übrige in gelb gehalten. Als
Zwischenfarben wirken beim Schlafzimmer die Intarsien
der Möbel, beim Teezimmer die Teppiche und einzelne
in rotem Paradukholz ausgeführte Möbelteile, sowie in
beiden Fällen die Fensterverglasungen. Wenn man sich
in dem Teezimmer an der etwas heftig wirkenden Har-
monie in gelb satt gesehen hat und tritt darnach in das
Schlafzimmer, in diese Harmonie eines satten, tiefen Braun,
ist es, als ob das Auge beruhigt und weich gestimmt
werden solle. In beiden Fällen erlebt man einen wirk-
lichen Farbengenuß. Das Teezimmer wirkt freudig, fast
schmetternd wie eine Fanfare, das Schlafzimmer als Zimmer
der nächtlichen Ruhe wie ein Nocturne.

Ehrenpreis der Universität Tübingen,
modelliert von Paul Haiistein-Stultgart
 
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