günstigen Entwicklung erblicken. l Nachgerade unbcstritten, ivenn auch
noch lange nicht nach Wunsch zur That geworden ist jetzt die Forderung,
daß eine Ausführung auf der Bühne mehr sei als eine Aneinander-
reihung von mehr oder meniger befriedigenden Einzelleistungen, daß sie
vielmehr ein Gesamtkunstwerk an sich sei, zu dessen Vollendung sich
Darsteller, Jnszenierung und Regisseur vereinigen müssen. Je energischer
diese Forderung überall gestellt und wiederholt, je mehr sie zu erfüllen
angestrebt wird, desto mehr Aussicht ist darauf, daß sich die deutsche
Schauspielkunst zu einem Stile oder, sagen wir lieber vorerst, zu
einem Stilgefühl hindurcharbeitc, mit dem sie den Absichten der
Dichter gerechter werden kann als bisher.
Die Musik
zeigt ein allgemeines Rühren, Drängen und Treiben, — aber noch
weiß niemand, wo es hinaus will. Bedeutende Talente sind unstreitig
vorhanden; ob sich darunter ein „kommender Mann" als typischer
General-Vertreter einer neuen modernen Kunst befindet, bleibt aber
abzuwarten. Unsere Opernkomponisten hypnotisiert noch immer Richard
Wagner, noch imnier habcn sich Künstler und Publikum nicht zur Klarheit
darübcr durchgerungen, was an seiner Reform wesentlich und was neben-
sächlich, was in seiner Kunst allgcmeine Errungenschaft und was rein
persönliche Eigentümlichkeit des Meisters ist. Vicle begabte Tonsetzer
scheitern daran, daß es ihnen an der spezifisch-dramatischen Anlage fehlt,
ihre Musik aus den Charakteren und Situationen der Dichtung heraus
zu schaffen; sie sind nur Kommentatoren und Jllustratoren, nicht aber
Darsteller der Handlung. Die Meisten aber leiden an einer falschen
Auffassung dcr Wagnerschen Kunst und Kritik, da sie das Schwergewicht in
das Orchester verlegen und die Singstimmen nur ols Aceessorium behan-
deln. Nichard Strauß mit „Guntram", Max Schillings mit „Jngwelde",
Hans Pfitzner mit dem „Armen Heinrich" schufen die bedeutendsten neuen
Werke der Gattung, ohne damit einen neuen Stil begründen zu können.
„Tristan" und die „Götterdämmerung" sind vorbildlich für das moderne
Opernschaffen, wie denn trübseliger Ernst, kaltes Pathos oder leidenschaft-
liche Naserei hier überhaupt vorherrscht. Daneben laufen Versuche,
schlichte Gemütstöne, erlöscnden Humor, frisches Leben auf unsere Bühne
zu bringen; Humperdincks „Hänsel und Grethel" brach den Weg und
schlug wieder einmal herzhaft die nationale deutsche Note an, wkhrend
zwei geistvolle Komponisten, Hans Sommer im „Saint Foix" und Hugo
Wolf im „Corregidor" ohne äußeren Erfolg zu altfranzösischcn und spani-
schcn Lustspielstoffen griffen. Jn Kienzls „Evangelimann" sowie in Sig-
mund von Hauseggers „Zinnober" finden wir die Elemente einer süddcut-
schen Volksoper. Hoffen wir, daß der Zug zur heiteren dramatischen Muse
durch die in München begonnene erneute Pflege der älteren komischen
Oper neuen Antrieb und Vercdelung empfange. — Humperdincks
Wagnis, dem Bannkreise des Musikdramas auf dem Scitenwege des
Melodrams zu cntrinnen, wurde von den Wagnerdogmatisten begreiflicher-
weise verdammt. Ein wiedcrholter Versuch wird überzeugend lehren, ob
dieser Weg zu neuen Zielen führt oder in eine Sackgasse. Vergeblich
hat man versucht, das alte Nummernopernideal zu galvanisieren.
Die oeristische Belagcrung unscrer Opernhäuser von seiten italienischer
Verleger ist endgiltig als gescheitert anzusehen.
noch lange nicht nach Wunsch zur That geworden ist jetzt die Forderung,
daß eine Ausführung auf der Bühne mehr sei als eine Aneinander-
reihung von mehr oder meniger befriedigenden Einzelleistungen, daß sie
vielmehr ein Gesamtkunstwerk an sich sei, zu dessen Vollendung sich
Darsteller, Jnszenierung und Regisseur vereinigen müssen. Je energischer
diese Forderung überall gestellt und wiederholt, je mehr sie zu erfüllen
angestrebt wird, desto mehr Aussicht ist darauf, daß sich die deutsche
Schauspielkunst zu einem Stile oder, sagen wir lieber vorerst, zu
einem Stilgefühl hindurcharbeitc, mit dem sie den Absichten der
Dichter gerechter werden kann als bisher.
Die Musik
zeigt ein allgemeines Rühren, Drängen und Treiben, — aber noch
weiß niemand, wo es hinaus will. Bedeutende Talente sind unstreitig
vorhanden; ob sich darunter ein „kommender Mann" als typischer
General-Vertreter einer neuen modernen Kunst befindet, bleibt aber
abzuwarten. Unsere Opernkomponisten hypnotisiert noch immer Richard
Wagner, noch imnier habcn sich Künstler und Publikum nicht zur Klarheit
darübcr durchgerungen, was an seiner Reform wesentlich und was neben-
sächlich, was in seiner Kunst allgcmeine Errungenschaft und was rein
persönliche Eigentümlichkeit des Meisters ist. Vicle begabte Tonsetzer
scheitern daran, daß es ihnen an der spezifisch-dramatischen Anlage fehlt,
ihre Musik aus den Charakteren und Situationen der Dichtung heraus
zu schaffen; sie sind nur Kommentatoren und Jllustratoren, nicht aber
Darsteller der Handlung. Die Meisten aber leiden an einer falschen
Auffassung dcr Wagnerschen Kunst und Kritik, da sie das Schwergewicht in
das Orchester verlegen und die Singstimmen nur ols Aceessorium behan-
deln. Nichard Strauß mit „Guntram", Max Schillings mit „Jngwelde",
Hans Pfitzner mit dem „Armen Heinrich" schufen die bedeutendsten neuen
Werke der Gattung, ohne damit einen neuen Stil begründen zu können.
„Tristan" und die „Götterdämmerung" sind vorbildlich für das moderne
Opernschaffen, wie denn trübseliger Ernst, kaltes Pathos oder leidenschaft-
liche Naserei hier überhaupt vorherrscht. Daneben laufen Versuche,
schlichte Gemütstöne, erlöscnden Humor, frisches Leben auf unsere Bühne
zu bringen; Humperdincks „Hänsel und Grethel" brach den Weg und
schlug wieder einmal herzhaft die nationale deutsche Note an, wkhrend
zwei geistvolle Komponisten, Hans Sommer im „Saint Foix" und Hugo
Wolf im „Corregidor" ohne äußeren Erfolg zu altfranzösischcn und spani-
schcn Lustspielstoffen griffen. Jn Kienzls „Evangelimann" sowie in Sig-
mund von Hauseggers „Zinnober" finden wir die Elemente einer süddcut-
schen Volksoper. Hoffen wir, daß der Zug zur heiteren dramatischen Muse
durch die in München begonnene erneute Pflege der älteren komischen
Oper neuen Antrieb und Vercdelung empfange. — Humperdincks
Wagnis, dem Bannkreise des Musikdramas auf dem Scitenwege des
Melodrams zu cntrinnen, wurde von den Wagnerdogmatisten begreiflicher-
weise verdammt. Ein wiedcrholter Versuch wird überzeugend lehren, ob
dieser Weg zu neuen Zielen führt oder in eine Sackgasse. Vergeblich
hat man versucht, das alte Nummernopernideal zu galvanisieren.
Die oeristische Belagcrung unscrer Opernhäuser von seiten italienischer
Verleger ist endgiltig als gescheitert anzusehen.