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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,2.1906

DOI issue:
Heft 14 (2. Aprilheft 1906)
DOI article:
Lüpke, G.: "J S Bach als Tondichter"
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Kalkschmidt, Eugen: Wölfflins Dürer
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8629#0078

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Einzelnes dieser Ausführungen wird aber, bei dem zurzeit noch leb-
haften Streit der Meinungen über diese Fragen, starken Widerspruch
hervorrufen.

Von einer deutschen Uebersetzung des Werkes ist bisher nichts
laut geworden. Möchten Verleger und Verfasser sich recht bald dazu
entschließen! Mag auch jetzt schon sein deutscher Leserkreis ausge-
dehnter sein, als der französische, so würde eine Uebersetzung doch
ohne Frage noch ein weit größeres Publikum finden. Und einen Zu-
wachs an Erkenntnis und Verständnis Bachs können wir auch in
Deutschland noch sehr gut gebrauchen! G von Lüpke

Tlölfklms vürer

Aus Wölfflins Buche über die klassische Kunst kennen wir seine
Art: im Gegensatze zu aller begeisterungsfreudigen, oft so unerträglich
süßlichen Jnterpretation der Bildidee oder des stosflichen Jühaltes ver-
sucht er, den Wirkungen der Bilüform auf die Spur zu kommen, den
k ü n st l e r i s ch en Gehalt, der „unbekümmert um allen Zeitenwechsel
seinen inneren Gesetzen folgt", nach Wert und Wesen entwicklungs-
geschichtlich zu bestimmen und so das ästhetische Problem nachdrücklich
in den Mittel- und Vordergrund der kunstgeschichtlichen Betrachtung zu
rücken. Dementsprechend treten bei ihm die biographische Anekdote
oder die Schilderung der Zeitumstände in den Hintergrund, verschwin-
den beinahe ganz. Worauf es ihm ankommt, ist: Punkt für Punkt zu
Verfolgen, wo die Form von einer neuen Gesinnung bewültigt, wo
eine neue Schönheit geschaffen ist und das malerisch-optische Problem
einen neuen Gesichtskreis erhalten hat. Daß ein so gegenständliches
Verfahren dem Borwurfe nüchterner Vernünftelei, pedantischer Kunst-
rechnerei usw. leicht ausgesetzt ist, liegt auf der Hand; daß es zu
oberflächlicher Augenkültur, zum ödesten Formalismus tatsüchlich auch
führen kann, foll nicht bestritten werden. Aber ebenso gewiß scheint,
daß wir auf diesem hciklen Wege unser Gefühl für die bildende Kunst
am sichersten aus mehr oder minder verwölkter Höhe herabholen wer-
den, um es im Dienst unsrer Lebensfreude wirken zu sehn.

Wölfflins Buch über Dürer* entspricht durchaus den Erwartungen.
Es gibt kein Buch, das besser, klarer und einfacher in Dürers Kunst
einzuführen vermöchte als dieses. Thausings grundlegende Biographie
wird neben ihm ihren Quellenwert behalten, Anton Springers hinter-
lassenes Fragment wird immer noch lesenswert sein. Ueber unser heu-
tiges Verhältnis zu Dürer aber klärt uns am überzeugendsten Wölff-
lin auf.

Der Geschmack der letzten Gotik war ein ausgesprochen
malerischer, auch in der Linie. Der Begrifs „malerisch" wird immer
gebraucht werden müssen, wo der Reiz des Berschlungenen, des Un-
übersehbaren, des scheinbar Gesetzlosen, wo der Eindruck eines unauf-
hörlichen Sich-Bewegens gesucht ist. „Ofsenbar ist diese malerische Phan-

* Die Kunst Albrecht Dürers. Von Heinrich Wölfflin. München, Ver-
lagsanstalt F Bruckmann A-G-, geb. Mk. w-— Wir kommen auf die allge-
meinen Untersuchungen des Buches vielleicht noch einmal zurück-

^ _____Runstrvart XIX,
 
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