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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,2.1906

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Heft 20 (2. Juliheft 1906)
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Batka, Richard: Robert Schumanns Wirken und Wesen: zu seinem fünfzigsten Todestage
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Gregori, Ferdinand: Das Theater und seine Geschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.8629#0438

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Partei unmöglich. Denn sie war darin einig, daß in diesem Falle
von Liszt und nicht von Wagner der Ton zu lernen sei.

Nichtsdestoweniger ist es richtig, daß unter einem Teil der neueren
Musiker sich eine Entsremdung gegen Schumann bemerkbar macht,
die vielleicht auf ähnliche Jnstinkte zurückgeht, wie die Abneignng
des großen Bayreuthers, und die mit Parteischlagworten nichts zu
schafsen hat. Vielleicht leitet uns Max Graf auf die rechte Spur,
wenn er Schumann als den „Pubertätslyriker" der deutschen Musik
kennzeichnet. Das kann Vernünftigerweise doch nnr bedeuten, daß
Schnnmnn im Verhältnis zu der angenommenen Mannesreife der
Gegenwartskunst eine unklare Uebergangszeit vertrete. Jch möchte
ihn darnm lieber ein typisches Vormärzgenie nennen, ihn mit seinen
nach außen gehemmten und darum nach innen konzentrierten Energien,
mit seiner jünglingmäßig ausschweifenden Phantasie, seinem dabei
doch hausväterlichen Gehaben und seiner im engsten Kreis sich am
sichersten bewährenden Tüchtigkeit. Diese Generation hat jene Summe
von Kräften aufgespeichert, welche die folgende, die Reichsbegründerin,
dann nach außen entfalten konnte, welche ihr die weiten Würfe, die
Potenz der Verwirklichung, die großen Mannestaten ermöglichten.
Diese neue Generation mußte aus den Typns Schumann gering-
schätzig herabschauen, weil man gegen nichts ungerechter ist, als gegen
die Fehler, die man selbst eben überwunden zu haben glaubt. Aber
sehr viele von uns Heutigen fühlen schon, daß die Zeit der ungeheuren
Ekstasen, des Außersichseins, der höchsten, leidenschaftlichsten Span-
nnngen verrinnt, weil sich die seelischen Vorräte zu schnell aufzehren.
Wir ahnen bereits eine nene Periode, die als Heilsamen Rückschlag
eine ncue Verinnerlichung und Einkehr bringen wird, ein Geschlecht,
das sich nähere, bescheidene Ziele setzt, aber durch stille Sammlung
nnd treuliche Kleinarbeit die Verschwendungen des ablaufenden Zeit-
raums wieder wett macht. Und ich meine: in dieser Periode wird
für uns gerade Schumann als führender Geist und Patron unserer
Hausmusik neuerdings an .Bedeutung gewinnen. Richard Batka

vas ^lkealer unci seme Gesckiekle

Bis vor einem Jahre war es dem Schauspieler recht schwer
gemacht, über die Entwicklung seiner Kunst und Mnststätte klar zu
werden. Oeffentliche Vorträge über den Gegenstand sind selten, weil
kaum in Berlin sich ein Publikum dafür findet; die Berufskollegen
zeichnen sich dnrch eine barbarische Unkenntnis aus und rühmen sich
ihrer noch, die einschlägigen Bücher aber stehen nicht in jedem Leih-
bibliotheksregal. Wie käme ein kleiner ungeschickter Komödiant in
die höfischen Büchereien, die gewichtige Empfehlnngen verlangen?
Und welcher Sammler öffnete seine Schatzkammer einem reinen Toren,
der vielleicht vor der selten gewordenen Wagenseilschen „Geschichte
des gothaischen Hoftheaters" in die Knie zu sinken vergäße? Tat-
sächlich ist das theatergeschichtliche Material fast durchweg unerschwing-
lich teuer. Es sind seinerzeit vielleicht fünfzig Abzüge von den tau-
send gedruckten verkauft, die übrigen beim Erlöschen der Verleger-
firma eingestampft worden. Niemand hat es feither gewagt, Neu-


2. Zulihest V06

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