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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,2.1906

DOI issue:
Heft 23 (1. Septemberheft 1906)
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Avenarius, Ferdinand: Bedenken und Aufgaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.8629#0596

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Vectenken uncl )?ukgaben

Die heurige Dresdner Heerschau über das deutsche Kunstgewerbe
ist die erste große, die ganz und gar von Künstlern geleitet worden ist.
Schon das allein besagt, wie wichtig sie ist: statt eines mehr oder minder
„umschleierten" Marktes, der an den Mann bringt, was „gefragt" wird,
und die Leute anlocken soll, aus welcherlei Weise sie's mögen, find dies-
mal Gedanken höherer Art wenn nicht die Alleinbeherrscher, so znm
mindesten die Hanptbestimmer gewesen. Welche, davon hat einer der
meistbetciligten Arbeiter an diesem Werk, Professor Fritz Schumacher,
hier gesprochen (XIX, (9 fs-)- Wer unbefangenen Blicks durch die Aus-
stellung geht und die Verhältnisse kennt, muß jedenfalls eines zugeben:
hier hat ein arbeitssreudiger Jdealismus gewaltet, wie noch aus
keiner solchen Ausstellung jemals in Deutschland zuvor.* Grund
genug, scheint mir, sie als Werk an sich nur mit dem Hut in der
Hanb zu kritisieren.

Sie hat Abteilungen, die so überzeugend, so „schlagend" sind,
daß sich der Widerspruch auf Einzelheiten beschränken muß. Ueber
die historische Abteilung, die Volkskunstabteilung, die Arbeiterwoh-
nungen, die Schulen, den Friedhof, die Ausstellnng des Altonaer
Museums scheint man in der Tat bei allen, die sich mit den hier
praktisch behandelten Fragen überhaupt beschästigt haben, nur eine
Stimme der Anerkennung zu hören. Soweit hier Fragen der Zukunft
mitspielen, darf man wohl sagen: was da not tnt, das weiß man
jetzt. Aber lange nicht ebenso klar sehen wir hinsichtlich der Pro-
bleme, deren Behandlung bei weitem der meiste Platz eingerüumt
worden ist, hinsichtlich der „vornehmen" Raumkunst und des Kunst-
handwerks für Bemittelte, hinsichtlich all dessen, mit einem Wort,
bei dem in irgend einer Weise der Luxus mitspielt. Hier gehen die

* „Ausstellungstechnisch" scheint mir nur ein wesentlicher Wunsch
unerfüllt: ich wünschte viel, viel mehr Zettel mit praktischen Angaben
sowohl wie mit Darlegungen, worum sich's handelt, unmittelbar in den
Räumen selber angebracht. Merkwürdig, daß unsre Aussteller nur so schwer
und ungern zu diesem einfachsten Mittel greifen, den Besnchern zu sagen,
was sie wollen! Auch die ästhetischen und sonstigen theoretischen Be-
trachtnngen aus dem Katalog sollten in Ausschnitten in den Räumen selbst
angebracht sein — sie würden dann viel mehr gelesen und viel srischer mit
den Gegenständen verglichen werden. Eine Menge vorschneller Nrteile unter-
bliebe, wenn der Besucher sosort wüßte, was der Aussteller seiner Beachtung
empfiehlt.


^ s. Septemberheft lA06

S37
 
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