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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,1.1911

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Heft 3 (1. Novemberheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9028#0288
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keit, zumal der breiteren Massen
der Lehrerschaft dringen: das Be-
dürfnis nach einer Reform in ihrer
Richtung ist ja dringend genug.
Die Formen, es zu befriedigen,
werden aber im einzelnen erst noch
zu finden sein.

Den Willen zum Bauen, zur
Form, der in der Tagung so macht-
voll zum Ausdruck gekommen ist,
hoben in programmatischen Am-
sprachen die Redner der Schluß-
versammlung, besonders Lordsen,
der Vorsitzende des Bundes, Ger-
trud Bäumer, Meumann und
Goetze hervor. So schwere Kämpfe
um den Inhalt der Erziehungs-
arbeit noch bevorstehen (wie Cord-
sen andeutete): der Grundgedanke
der inneren Aktivität, auf den man
sich geeinigt, habe doch eine stark
aufbauende, innerlich reformatori-
sche Kraft. Daher liegt auch keine
Gefahr für die seste innere Form
des Erziehungslebens in der wich-
tigsten Forderung, die gestellt wer-
den müßte, wenn das neue (und
alte, auf Kant und Pestalozzi ge-
gründete) Prinzip fruchtbar wer-
den solle: der größeren Freiheit
für Lehrer und Schüler. Als die
zweite Bedingung aber muß gelten:
Zusammenarbeit aller, der Fach-
kreise ohne Amterschied wie der
Laien. Neben den vielen Lei-
stungen des Kongresses, von denen
hier im Kunstwart noch in andern
Zusammenhängen die Rede sein
wird, ist wohl diese kulturpolitische
nicht die geringste: er hat weithin
vernehmbar dargetan, daß die
Schule eine Angelegenheit der ge-
samten Kulturgemeinschast bedeu-
tet, in der alle ihre tiefsten und
wertvollsten Bedürfnisse und Kräfte
einen starken und organischen,
reinen und wahrhaftigen Ausdruck
suchen müssen. H. A.

Äber Vaterlandsliebe

s hat bessere Chancen ein
Patriot zu sein: der Eingeborme
gegenüber dem Frenrden, der Ver-
heiratete gegenüber dem Iungge-
sellen, der Gläubige gegenüber dem
Amgläubigen.

Ein Epikuräer kann unmöglich
ein Patriot sein.

Verlangen nach Preis und Ach-
tung mag einiges tun; einen wahren
Patrioten aber auszumachen, dazu
gehört ein innerer Sinn, gebaut
aus Pflicht und Gewissen. Wir
brauchen nicht zu glauben, daß
jeder geräuschvolle Volksredner oder
jeder milzige Hofhasser darum auch
ein Patriot sei.

Manche Schriftsteller haben es
für unmöglich gehalten, daß Men-
schen dazu gebracht werden könn-
ten, den Sinn für die Öffentlich-
keit zu verlachen. Amd doch ist
dies im gegenwärtigen Zeitalter ge-
schehen.

Der Patriot dient dem Staate
und insoweit seinem eignen Wohl-
ergehen. Der Lump macht die
Sffentlichkeit dem eignen Interesse
dienstbar. Der erste sieht in sich
einen Teil vom Ganzen, der zweite
das Ganze.

Es war immer und es wird
immer sein ein natürlicher Streit
zwischen Regierung und Volk. Die
eine will soviel herausziehen als
möglich, das zweite sowenig bewil-
ligen als möglich. Wie soll der
Patriot sich verhalten? Er gibt das
Notwendige. Gibt er mehr, so tut
er es mit der Absicht, seinem Lande
mehr zuzuwenden.

Moralisch Schlechtes darf nie
begangen werden; physisch Schlech-
tes mag geschehen, sei's ein grö-
ßeres Abel zu meiden, sei's ein
Gut zu beschaffen.

Wo das Herz richtig ist, da ist
wahrer Patriotismus.

Der Patriot gesteht zu, daß ehr-

(. Novemberheft (M 237

Lebende WorLe
 
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