Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,1.1911

DOI issue:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1911)
DOI article:
Batka, Richard: Anton Bruckners Vordringen
DOI article:
Lose Blätter
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.9028#0483
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
wäre wohl eine Aufgwbe für den Allgemeinen Deutfchen Musikverein.
Er brauchte nur Loewe einmal einzuladen, um den versammelten Musi-
kern auf einem Musikfeste einen Begriff vom echten Bruckner beizu--
bringen. Oder noch besser: es müßten des Meisters neun Sympho-
nien in seiner Wiedergabe mittels eines der modernen Musikrepro-
duktionsapparate aufgenommen und für ewige Zeiten festgehalten
werden, damit die Äberlieferung für den Vortrag eines der wunder--
barsten, reichstbegabten Künstler der neueren Zeit, der für die Mehr-
zahl der Musiker heute noch ein verschlossenes Buch ist, für die Zu-
kunft aufbewahrt und vor dem möglichen Untergange gerettet werde.
Auch das wäre eine Kulturangelegenheit, eines Opfers wert. Eines
Opfers? Es brauchte kaum mehr als eines solchen der Litelkeit und
der Eigenliebe. Richard Batka

Lose Blätter

Zwei Gedichte von Wilhelm Jensen

sDer Bries, mit dem mir Iemen vor kurzem die Handschrift dieser
beiden Gedichte für den Kunstwart sandte, trägt die Anrede „Mein lieber
Mitwanderer auf unserm wunderlichen Gestirn". Man könnte das sast
als Anrede an den Leser auch über sie, wie über manche andre von
Iensens tief innerlichen späten Gedichten setzen. Änd wenn heute der
Tote noch einmal zu uns Lebenden oom Tode spricht — wer könnte
das ergreifender tun!

Die weite Neise

^vv^enn wir vom Sterbebett des Freundes gehn,
-4^Da ist's uns wohl, als hätten eben wir
Zum Antritt einer Reise ihn begleitet.

Ganz nah empfinden wir ihn bei uns noch,

Sein letzter Handdruck blieb uns im Gefühl,

Im Ohr sein Abschiedswort; wir sehn und hören
Ihn überall noch, leben mit ihm fort,

Als einem, der nach kurzem wiederkehrt,

Um unser Leben so wie stets zu tetlen.

Bei jedem Taggeschäft, ob groß, ob klein,

Gedenken seiner wir, ihn geht's mit an,

Wir müssen warten, bis er's mitberaten;

Änd mählich dämmernd geht es uns erst auf,

Zu lang wird's dauern, bis zurück er kommt,
Denn in die Ferne weit führt seine Reise.

Wir müssen uns gewöhnen, daß ohn ihn
Die Tage gehn, daß wir in diesem Iahr
Sein Wiederkommen nicht erwarten dürfen.

Es kann nicht sein, er ist im fremden Land,

Aus dem er auch nicht Botschaft senden kann.

Änd weiter, immer weiter reist der Tote.

Nun dehnt sich's endlos zwischen ihm und uns,

H00

Kunstwart XXV» 6
 
Annotationen