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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0042

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Frtthrste Erinnerungen.

^us dem Nebelmeer meiner frühesten Erinnerungen tauchen mir
als erste lichte Pnnkte zwei Bilder auf, die sich an ein fchmerzhaftes
Ereignis in Emmendingen knüpfen.

Lebhafte Kinder zieht es nnwiderstehlich zum flackernden Herd-
feuer der Küche, wie die Fliegen zum Kerzenlichte. Es ist weniger
die Nafchfucht, wie bei Hnnd und Katze, die den kleinen Menschen in
den verbotenen Ranm lockt, als die Neugier und Lust an dem unter-
haltenden Schaufpiel, womit die Küche alle Sinne befriedigt. Es
lodert die Flamme, es siedet der Topf und brodelt der Kesfel, es
dampft und duftet; die Köchin fchürt die glühenden Kohlen, sie schneidet
nnd fchält, backt und brät und ist immer thätig; es geschehen die
merkwürdigsten Verwandlungen: aus Mehl und Eiern wird Teig und
ein gelblicher Kuchen, der in der Pfanne sich bräunt. Mit dem An-
genehmen verbindet sich das Nützliche. Jst die Köchin dem Kinde
hold, so giebt sie ihm Gutes zu kosten, und ist das Kind ein Lecker-
mäulchen, fo verlangt es noch mehr.

Mein erstes Erinnerungsbild verfetzt mich in die Küche. Jm
Röckchen laufe ich der Köchin in die Beine, sie hat gerade einen Topf
mit siedendem Wasfer vom Herde gehoben, schwankt, fchüttet ihn aus
und verbrüht mir den behaarten Kopf. Jch fchreie unbändig und
meine zum Tod erfchrockene Mutter fliegt herbei und fchließt mich in
die Arme.

Jm zweiten Bilde lieg' ich im Bette. Mein Vater ist von der Pra-
xis heimgekommen, neigt sich über mein Haupt und besieht den Schaden.
 
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