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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0057

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Zeitbegebenhriten.

ZA-uf dem großen Septembermarkt in Königshofen an der Tauber
durfte ich mir kolorierte Bilderbogen kaufen und erfuhr darans als
Knabe zuerst von den Welthändeln der zwanziger Jahre, von den
türkischen Greueln und den Heldenthaten der Griechen und Ruffen in
den Freiheitskämpfen der Griechen und dem rnfsifch-türkischen Kriege
von 1828/29. Natürlich fchlug mein Herz für die christlichen Brüder.

Mit dem wichtigsten Ereignis jenes Jahrzehnts, der Seeschlacht
von Navarino am 20. Oktober 1827, machte mich ein großes Mario-
nettentheater bekannt, das im Winter 1829/30 in Boxberg Vor-
stellungen gab. Die Seefchlacht war das Nachspiel des ergreifenden
Stückes von Doktor Fausts Leben nnd Höllenfahrt. Jn stolzer Pracht,
mit dem Halbmond auf der Flagge, fegelte zuerst das Schiff des
Kapndan-Pafcha aus den Kulisfen auf die Bühne, hinter dem Türken
drein die Flotte der Alliierten, Linienschiffe und Fregatten, alle wohl
gespickt mit Kanonen. Es war ein großartiges Schauspiel für uns
kleine Landratten. Die Schiffe stellten sich in Schlachtordnung, ein
furchtbares Schießen ging los, nnd es roch erschrecklich nach Pulver-
dampf, plötzlich flog das türkische Admiralschiff mit großem Knall in
die Luft und der Vorhang fiel. — Fast 00 Jahre nachher, im August
1888, fuhr ich auf dem österreichischen Lloyd-Dampfer Urnnos an der
Bucht von Navarino vorüber. Die Reisenden ftanden auf dem Ver-
deck, den Blick nach Bucht und Küste gerichtet, der Schlacht gedenkend.
Ein englischer Gentleman erzählte nicht ohne Stolz, fein Vater habe
unter dem Admiral Codrington mitgekämpft. Was wollte das sagen?
 
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