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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0108
Napoleonkultus iu Baden.
„Wie gut ist es doch, daß du nicht vor 50 oder 60 Jahren
zur Welt gekommen bist! Hättest du mit eigenen Augen das unglaub-
liche politische nnd wirtschaftliche Elend gesehen, worin wir damals
stacken, so würdest du über Napoleon anders urteilen. Das heilige
römische Reich war aus tausend Lappen und Läppchen zusammen-
geflickt, am buntesten und abscheulichsten am Oberrhein. Hier saßen
hohl aufgeblasen im stolzen Gefühle ihrer Reichsunmittelbarkeit, aber
in jämmerlich zerlumpten Gewändern, die Glieder und Stünde des
Reichs durcheinander: Herzöge und Fürsten, Grafen und Freiherrn,
gefürstete und ungefürstete Aebte und Bischöfe samt dem deutschen
Ritterorden, freie Städte und Stüdtchen, das reichsunmittelbare Dörf-
chen Hammersbach nicht zu vergessen! Sollten sie aber für des Reiches
Ehre und Sicherheit eintreten, fo kargten sie schimpflich mit Hellern
und Pfennigen, pochten auf ihre Gerechtsame und Freiheiten, und
hielten mit den ganzen und halben Soldaten zurück, die sie zur Reichs-
armee zu stellen hatten. — Lange vor dem Rheinbund-, der deine
Galle überfließen macht, öffneten weltliche und geistliche Kurfürsten
den Franzosen als Alliierte die Thore des Reichs."
„Aus dem politischen Elend floß das wirtschaftliche. Jedes
Gebiet hielt fest an feinen Schlagbünmen, am eigenen Gericht und
Galgen, am eigenen Maß und Gewicht, und legte Verkehr, Handel
nnd Jndustrie des Nachbars lahm, in dem Wahne, so das eigene
Jnteresse zu fördern. — Lies doch in Hebels Hausfreund, wie der
Adjunkt die Leute belehren mußte, als es galt, sie mit dem einheit-
lichen neuen Maß nnd Gewicht in dem neu geschaffenen Großherzog-
tum zu versöhnen!"
„„Jnjeder Herrschaft, in jedem Städtlein war's anders: andere
Ellen, andere Schoppen, andere Simri oder Sester, anderes Gewicht.
Jn dem nämlichen Orte, in der nämlichen Mühle, im nämlichen
Wirtshaus, im nämlichen Kaufladen hatte man für verschiedene Waren
verschiedenerlei Maß und zwar herkömmlich, nicht ungerechter Weise:
ein anderes Maß für Bier, ein anderes für Oel, ein anderes für
Branntwein, einen anderen Sester für glatte Frucht, einen anderen
für rauhe.""
„Jch bin kein schlechterer Patriot als du, aber wir Alten be-
„Wie gut ist es doch, daß du nicht vor 50 oder 60 Jahren
zur Welt gekommen bist! Hättest du mit eigenen Augen das unglaub-
liche politische nnd wirtschaftliche Elend gesehen, worin wir damals
stacken, so würdest du über Napoleon anders urteilen. Das heilige
römische Reich war aus tausend Lappen und Läppchen zusammen-
geflickt, am buntesten und abscheulichsten am Oberrhein. Hier saßen
hohl aufgeblasen im stolzen Gefühle ihrer Reichsunmittelbarkeit, aber
in jämmerlich zerlumpten Gewändern, die Glieder und Stünde des
Reichs durcheinander: Herzöge und Fürsten, Grafen und Freiherrn,
gefürstete und ungefürstete Aebte und Bischöfe samt dem deutschen
Ritterorden, freie Städte und Stüdtchen, das reichsunmittelbare Dörf-
chen Hammersbach nicht zu vergessen! Sollten sie aber für des Reiches
Ehre und Sicherheit eintreten, fo kargten sie schimpflich mit Hellern
und Pfennigen, pochten auf ihre Gerechtsame und Freiheiten, und
hielten mit den ganzen und halben Soldaten zurück, die sie zur Reichs-
armee zu stellen hatten. — Lange vor dem Rheinbund-, der deine
Galle überfließen macht, öffneten weltliche und geistliche Kurfürsten
den Franzosen als Alliierte die Thore des Reichs."
„Aus dem politischen Elend floß das wirtschaftliche. Jedes
Gebiet hielt fest an feinen Schlagbünmen, am eigenen Gericht und
Galgen, am eigenen Maß und Gewicht, und legte Verkehr, Handel
nnd Jndustrie des Nachbars lahm, in dem Wahne, so das eigene
Jnteresse zu fördern. — Lies doch in Hebels Hausfreund, wie der
Adjunkt die Leute belehren mußte, als es galt, sie mit dem einheit-
lichen neuen Maß nnd Gewicht in dem neu geschaffenen Großherzog-
tum zu versöhnen!"
„„Jnjeder Herrschaft, in jedem Städtlein war's anders: andere
Ellen, andere Schoppen, andere Simri oder Sester, anderes Gewicht.
Jn dem nämlichen Orte, in der nämlichen Mühle, im nämlichen
Wirtshaus, im nämlichen Kaufladen hatte man für verschiedene Waren
verschiedenerlei Maß und zwar herkömmlich, nicht ungerechter Weise:
ein anderes Maß für Bier, ein anderes für Oel, ein anderes für
Branntwein, einen anderen Sester für glatte Frucht, einen anderen
für rauhe.""
„Jch bin kein schlechterer Patriot als du, aber wir Alten be-