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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0120

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Die alte Landstraße im Rheinthal.

angewiesen, der mit seinem Omnibus den Verkehr der beiden Slädte
unter sich und mit den großen zwischenliegenden Dörfern vermittelte.
Mit Grauen gedenke ich einer solchen Fahrt, die ich als Mannheimer
Lyceist nach Heidelberg aussuhrte. Wir waren nur vier Passagiere, eine
Matrone aus Holland mit ihrer erwachsenen Tochter, eine Mannheimer
Bürgersfrau und ich. Der Kutscher war ein junger, leichtfertiger Bursche.
Er hielt überall an, wo ihm das Wirtshaus oder die Kellnerin ge-
fiel, trank über den Durst und blieb halten, so lang es ihm beliebte.
Der Wein stieg ihm bald in den Kopf, und es machte ihm großes
Vergnügen, die Frauen beim Fahren zu ängstigen. Er fuhr im
Zickzack von einer Seite zur andern bis nahe an den Wegrain.
Wenn dann der Wagen in den Graben zu fallen drohte und die
Frauen aufschrieen, grinste er vor Vergnügen. Wir wären zu Fuße
in derselben Zeit und mit weniger Gefahr nach Heidelberg gekommen.
Man konnte von Glück sagen, wenn man mit solchen heillosen Kutschern
unversehrten Leibes ans Ziel kam.

Wie viel sicherer, rascher nnd angenehmer fährt es sich heute
mit der Eisenbahn, die seit 1840 die Städte Mannheim und Heidel-
berg verbindet und dem Reisenden jetzt täglich mehr als zwanzig
Züge nach beiden Richtungen zur Verfügnng stellt. Jhre Eröffnung
fällt in die Zeit, wo ich eben das Lyceum verlassen hatte; ihr sei
das letzte Kapitel dieses Buchs gewidmet.
 
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