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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0144

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Das Schwabenkorps.

teils ohne Rahmen, meist Lithographien: Porträts alter Schwaben
oder Anfnahmen des ganzen Korps, auch Darstellungen des Burschen-
lebens und mancherlei Scherze anderer Art, wie die vom Roehrle
und Hansjörgle (s. S. 87 u. 99). Eigene Klubhäuser, wie sie die
Verbindungen heute besitzen, gab es nicht.

Die Kneipe war an diesem Abend stark besucht, die Gesellschaft
sehr aufgerüumt, und ich unterhielt mich gut. Namentlich gefiel mir
mein Nachbar, der Ltu.ä. sun. Karl Wieland aus Karlsruhe. Er
stand schon im vorletzten Semester und war nur noch „passives" Mit-
glied der Verbindung; er sprndelte geradezu von neckischen und witzigen,
mitunter bizarren Einfällen, seine Augen blitzten von munterem Feuer,
auf der linken Wange trug er eine kurze, aber tiefe Hiebnarbe.
Wir wurden gute Frennde. Ein Jahr nachher machte er sein Staats-
examen und brachte es im Laufe der Jahre bis zum Senatspräsidenten
am Oberlandesgericht in Karlsruhe, wo der liebenswürdige und geist-
reiche Mann 1884 starb.

Da es mir bei diesem Besuche in der Suevia wohl gefallen
hatte, ließ ich mich als Mitkneipant einschreiben und kam an den drei
oder vier vorgeschriebenen Kneipabenden in der Woche regelmäßig als
Gast. Die Mitglieder der Verbindung waren fast lauter badische
Landsleute, die meisten hatten das Karlsruher Lyceum absolviert.
Auch gehörten ihr einige Westfalen und prenßische Rheinländer an,
weil die Suevia mit dem Korps der Westfalen in Bonn ein Kartell
eingegangen hatte, was die Mitglieder dieser Verbindung verpflichtete,
wenn sie Bonn mit Heidelberg vertauschten, bei der Suevia einzu-
treten, wie umgekehrt die Mitglieder dieser in Bonn bei der Guestphalia.

Das Bier auf der Schwabenkneipe war leicht und billig; der
Schoppen, vier Deciliter, kostete zwei Kreuzer. Es lud oft wenig
zum Trinken ein, mitunter bestellten wir es beim Kellner als ein
Glas Gift.

Die neuen Freunde, die ich in der alten Pfalz gewann, rieten
mir, in die Verbindung einzutreten. Jch hatte das Bedenken, es
reiche mein Taschengeld nicht dazu aus, doch wußten sie es zu zer-
streuen. Jn der That war das Korpsleben noch billig, auch bei ge-
ringen Mitteln konnte man seine Freuden genießen. Bier und Tabak
 
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