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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0202

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182

Poetische Nachklänge.

abgegangen oder nach andern Universitäten gezogen, öde und verlassen
lag das Horn am Neckar, die Alemannenkneipe; in 29 vierzeiligen
Versen beklagte er den Untergang der stolzen Verbindung. Der Leser
wird es mir Dank wissen, wenn ich ihm von den 29 Versen nur 7
vorlege.

„Es ging dnrch Heidelbergs Straßen
Ein Jüngling, gramerfüllt;

Jm frohen Lenzesspiele
Ein traurig Winterbild.

Er trägt eine blaue Kappe
Und ein blaugoldnes Band,

Und schaut mit schweren Thränen
Hinaus ins blühende Land.

Er wandelt traurigen Schrittes
Zum Horn am Neckar hiu
Und sitzt im leeren Zimmer
Mit schmerzdurchwühltem Siun.

Und mit gebrochner Stimme
Ruft er im einsamen Saal:

Jhr öden, trüben Mauern,

Euch klag' ich meine Qual!

Wie tönteu hier einst so helle
Die Lieder aus voller Brust,

Wie saßen hier einst die Genossen
Jn frischer Jugendlust!

Wie drang mit Sturmesbrausen
Vou diesem Raume hier
Der Ruf in die Winternächte:

Hoch Alemannia dirü!

Das war in jenen Tagen
Ein starker Bruderbund!

Und jetzt — o traurig Schicksal —

Jst alles auf dem Hund!"
 
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