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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0270

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Medizinische Studiengenossen.

mich bei ihrer Ausführung, sein gesuudes Urteil war mir dabei uütz-
lich und wir schlossen Freundschast. Trotz seines Widerspruchs ließ
ich die Abhaudluug, die 1857 in Moleschotts Zeitschrift uud dann als
besondere Schrift erschien: „Ueber Urspruug und Wesen der sallsucht-
artigen Zuckungen," unter uuserer gemeiusamen Flagge in die Welt
segelu. Er war ebenso zuverlüssig als Freund, wie als Arzt. Als Leib-
arzt des Großherzogs Friedrich von Baden hat er seinen verantwortuugs-
volleu Posten 25 Jahre laug, von 1870 bis zu seinem 1895 erfolgten
Tode, mit stets gleichem Vertraueu seines Fürsten in Ehreu behauptet.

Bei Chelius uud Puchelt praktizierte mit mir uoch 8tuä. Bius-
wanger aus Baiern, der Gründer der von einem seiner beiden Söhue
fortgeführten, bekanuten Heilaustalt in Kreuzliugen bei Koustauz; feruer
Lippert aus Hamburg, der als vielbeschäftigter Arzt in Nizza starb;
eudlich Guido Weiß, der sich von der Medizin zur Publizistik wandte.

Erwähnen muß ich noch als Kommilitonen meiuer ersten Semester
den uachmaligen Berliuer Kliniker uud Chirurgen Adolf Bardeleben
aus Frankfurt a. O. Er war jedoch drei Jahre älter als ich und
glich bereits einem juugen Professor. Naegele hatte ihu zu seinem klini-
schen Assisteuten gemacht; als Bischoff 1843 den Ruf nach Gießen
annahm, folgte ihm Bardeleben als Prosektor.

Auf botanischen Ausflügen machte ich nähere Bekanntschaft mit
zwei Medizinern, die sich nach dem Examen gauz den Naturwissen-
schaften widmeten. Der eine war Georg Heinrich Mettenius aus
Frankfurt a. M.; als Proscssor der Botanik in Leipzig erlag er 1866
der asiatischen Cholera; der audere, A. von Frautzius aus Danzig,
widmete sich der Zoologie. Er schloß sich dem berühmten Zoologen
E. von Siebold an, wurde sein Assistent in Breslau und Privat-
dozent, verehelichte sich mit eiuem Mädchen unter seinem Stande und
verließ deshalb Europa. Jn Costarica wirkte er als Arzt und Natur-
sorscher uud kehrte erst nach dem Tode seiner Frau nach Teutschland
zurück. — Von Jugend auf hatte er an Asthma gelitten, jetzt war
er tuberkulös und verbrachte seine letzten Lebensjahre in Freiburg,
wo wir unsere Jugendbekanntschaft erneuerten. — Er starb 1877
und hinterließ in Freiburg ein gutes Andenken, denn er hat den
Kindergärten dieser Stadt eine ansehnliche Stiftung vermacht.
 
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