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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0302

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Eine Lektion bei der alten Frau Doktorin.

Sie schloß mit den Worten: „Der lächerliche Zauber eines
alten Waschweibs hat meiner Köchin mehr genützt als die besten
Rezepte der Aerzte. Der Hoknspokus that bei der dummen Person
Wunder, weil sie an Wunder glaubt. Die Rezepte hätten gewirkt,
wenn die Aerzte es verstanden hätten, sie mit Zauberkräften aus-
zustatten. Bei einer solchen Küchengans mnß man schon mit dem
Teufel kommen, um etwas auszurichten, bei wunderglüubigen Standes-
personen braucht es andre Mittel, magnetische Striche, homöopathische
Kügelchen u. dgl. Solche Dinge hätten bei mir, einer alten Ratio-
nalistin aus des Kirchenrats Panlus Schule, nicht verfangen, ich be-
durfte des Zuspruchs eines erfahrenen Mannes von Geist und Herz.
— Den Baldrian übrigens, über den ihr euch heute so lustig gemacht
habt, lasse ich mir nicht schelten. Ein Täßchen Baldrianaufguß
hat mich oft wunderbar belebt. Jch glaube an seine Kraft, auch wenn
ich nicht gesehen hätte, daß unsre Hauskatze vor Freude sich auf den
duftenden Wurzeln wälzt, wenn sie durch Zufall darüber gerät. Diese
zarten Geschöpfe und wir armen Frauen haben Nerven von gleich
empfindlicher Feinheit."
 
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