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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0333

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Der Frühling l847.

313

Bronner eröffnete mir seine nüchsten Pläne. Er wollte nach
Wien gehen, dessen alte medizinische Anziehnngskraft durch das nen
an seinem Himmel aufgegangene Doppelgestirn Rokitansky nnd Skoda
erstarkt war. Jch wäre unendlich gern mit ihm gegangen, doch fehlte
mir der irsnvrm nsnrnn, das Geld.

Pseufer erkundigte sich gütig um meine Zukunftspläne und drang
darauf, daß ich mich um ein Staatsstipendium zn Reisezwecken be-
werbe. Jch wnßte, daß mein Gesuch aussichtslos wäre, aber ich dnrfte
ihn nicht durch Widerspruch kränken; er schrieb mir einen warmen
Empfehlungsbrief an den maßgebenden höheren Beamten in Karls-
ruhe, der ihm persönlich bekannt nnd geneigt war. Damit reiste ich
nach Karlsruhe, wurde vorgelassen und stehend bedeutet, daß die
badische Regierung keine Ursache habe, Aerzte mit Reisemitteln zu
unterstützen, es gebe deren übergenug im Lande, fast auf jedem Dorfe
sttze ein Doktor. Wenn an der Landesheilanstalt Jllenau eine Hilfs-
arztstelle frei würde, wolle man mich, falls ich eine solche in Ans-
sicht nähme, berücksichtigen. Glücklicherweise gelang es mir, von einem
privaten Gönner auf Treu und Glauben tansend Gnlden vorgestreckt zn
erhalten; mit dieser Snmme konnte ich ein Jahr auf Reisen zubringen.

An einem schönen Maientag — es war der Dienstag der
Pfingstwoche — fuhren Bronner und ich von Wiesloch ab. Unser
nächstes Ziel war München; die ärztliche Fakultät der baierischen
Hauptstadt lockte uns nicht, sie bedeutete wenig, einzig und allein der
Kunstschätze halber wollten wir dort eine Woche verweilen. König
Ludwig I. hatte München zu einer der sehenswertesten Städte Deutsch-
lands gemacht.
 
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