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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0388

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Bei Kokitansky.

^Im hintersten Winkel des Areals, auf dem die Bauten des
allgemeinen Krankenhauses errichtet sind, lag das Leichenhaus, eine
armselige Baracke. Hier verweilte ich mehr, wie irgendwo sonst in
Wien, jede nene Sektion verfolgte ich mit neuer Spannnng.

Außer der Kammer zur Aufbewahrnng der Leichen verfügte das
kleine Haus über zwei ineinandergehende Lokale, ein größeres für die
Sektionen der in den Anstalten Verstorbenen, und ein kleineres für
die gerichtlichen Sektionen, woran es in der großen Stadt fast niemals
fehlte. Ein Privatzimmer oder ein besonderer Arbeitsraum für Roki-
tansky war nicht vorgesehen. Die Sektionen nahmen den ganzen
Vormittag in Anfpruch. Rokitansky machte die eigentlich klinifchen
und die gerichtlichen, alle übrigen, weit zahlreicheren, machten die
Assistenten. Erster Assistent war vn. Lautner, der später an die medi-
zinische Schule in Kairo berufen wurde.

Die Leichenbefunde wurden ausnahmslos zu Protokoll diktiert.
Rokitanskys Protokolle waren ungemein lehrreich; sie gaben das We-
sentliche des Befunds in gedrungener Kürze und doch so erschöpfend
in plastischer Darstellung, daß ich sie gleich in den ersten Tagen nach-
zuschreiben begann. Jch finde in meinen Heften 170 Protokolle nnd
genaue Aufzeichnungen neben fast ebenso vielen kurzen Notizen, im
ganzen habe ich nahezu 300 Sektionen im Laufe eines halben Jahres
angewohnt. — Besonders nützlich erschienen mir Zeichnungen des sitrm
vmotzmrni, d. h. der Lage der Eingeweide, namentlich in der Bauch-
höhle; ich fertigte sie mir in großer Zahl an und kann dieses Ver-
 
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