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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0402

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382

Die junge Wiener Schule.

Der Spazieegang.

Ging ein Wiener Mediziner
Mit dem Freunde durch die Flur:

Rief der Freund: wie hell und heiter
Lacht der himmlische Azur!

Sprach der Wiener Mediziner:

Einen Himmel giebt es nicht,

Nur vom irdischen Planeten
Reflektiertes blaues Licht.

Durch die Fclder, durch die Auen
Schweiften sie zum grünen Wald;

Rief der Freund: wie voll und prächtig
Der Gesang der Amsel schallt!

Sprach der Wiener Mediziner:

Leidlich hört das Lied sich an,

Doch den Amseln ward verliehen
Ein zu lautes Stimmorgan.

Aus dem dunkeln Buchenwalde
Zogen sie zum lichten Hain;

Rief der Freuud: wie lieblich duften
Hier die Veilchen an dem Rain!

Sprach der Wiener Mediziner:

Die Familie Viola

Dient uns vielfach zum Vomieren,

Sonderlich die Jpeka.

Von des Berges stolzem Gipfel
Schauten tief sie in den Grund;

Rief der Freund: dort wohnt mein Liebchen
Kugelrund und kerngesund!

Sprach der Wiener Mediziner:

Traue du dem Liebchen nie,

Jst sie erst dein Weib geworden,

Quält sie dich mit Hysterie.
 
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