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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0406

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IAm 27. Dezember fuhren wir abends 8 Uhr vom Nordbahnhof
in Wien ab und langten am 28. nachmittags 4 Uhr in Prag an.

Jn dunkler Nacht flogen wir über Wagram und das Marchfeld
und machten Mittag auf einem dritten berühmten Schlachtfeld, in Kolin.
Jch bestellte mir einen gebratenen Jndian und ging ihm energisch zu
Leibe, aber der zähe Bnrsche wehrte sich verzweifelt; ich griff eben zu
einem Glase Melniker, um mich zu einem nenen Angriff zn stärken,
als hinter mir plötzlich der Ruf erschallte: „Hobt's an Boß?" nnd
von Tisch zu Tisch ging der Ruf weiter: „Hobt's an Boß, hobt's an
Bossierschein?" Ohne diesen Refrain ging es in Oesterreich beim
Reisen nicht ab.

Jn Prag übernachteten wir im blauen Stern und suchten am
nächsten Morgen ein gelegneres Qnartier am Roßmarkt. Beim Weg-
gehen meldeten sich fünf dienstbare Geister zum Trinkgeld: das Stuben-
madel, der Zimmerkellner, der Portier, der Lohndiener und der Hans-
knecht, dieser allein hatte uns wirklich gedient. Er bekam einen Zwanziger,
die andern ein Zehnerl.

Jn dem Unfng mit den Trinkgeldern kam die böhmische Hanpt-
siadt der Kaiserstadt gleich, lästiger noch als dort war die Mnsik un-
ermüdlicher Drehorgeln, Streich- und Blasinstrumente in Hof- und
Wirtschaftsräumen.

Nach dem heiteren Wien erschien uns Prag düster, des Merk-
würdigen nnd Malerischen aber bot uns die Stadt die Fülle. Groß-
artig schön war der Blick vom Hradschin oder dem Wyssehrad in die
 
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