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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0428

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408 Die Heerfahrt nach Holstcin im August 1848.

als Prediger und nicht als Soldat, sondern bei einem friedlich ehr-
samen, bürgerlichen Gewerbe.

Wir verweilten in dem Städtchen Mühlburg bis zum 10. August.
Am 15. besichtigte Großherzog Leopold die Brigade in Karlsruhe.

Leider war die Völlerei bei den Truppen eingerissen, sie wurden
allenthalben zu reichlich mit Wein bewirtet, darunter litt die Manns-
zucht. Am 15. abends vergriff sich ein betrunkener Soldat auf dem
Wege von Karlsruhe nach Mühlburg an einem Lieutenant thätlich,
dieser zog den Degen und durchbohrte ihm die Lunge. Jch leistete
dem Verwundeten den ersten Beistand.

Erst am 19. August erreichten wir nach vier kleinen Tage-
mürschen das große Dorf Seckenheim bei Mannheim. Auf dem Marsch
erzählte mir ein Korporal namens Groß, ein schöner Mann und ge-
wesener Schauspieler, er sei weit in Deutschland herumgekommen, auch
schon in Holstein gewesen. Man hab'e dort das beste Fleisch der Welt,
aber die üppige holsteiner Küche verlange einen starken Magen. Der
seine sei gottlob der Ausgabe gewachsen. — Jn Seckenheim nahm das
Abschiedtrinken kein Eude. Am 20. wurde abends nach Mannheim
abmarschiert, um zwei Uhr nachts das Bataillon auf drei Dampfschiffe
verladen und den Rhein hinab nach Köln spediert. Einer der Ober-
feldwebel gab Befehl, man solle ihn erst bei Ehrenbreitstein aus dem
Schlafe wecken, er wünsche die berühmte Festung zu sehen, was auch
geschah; am besten gefiel ihm an der Festung, daß man Reben um
sie pflanze. Wir landeten bei sinkender Nacht in Köln, fuhren am
21. mit der Bahn durch Rheinland und Westfalen nach Bückeburg,
am 22. nach Harburg und am 23. morgens früh zu Schiffe über die
Elbe nach Altona, wo der Brigadestab bereits Quartier bezogen hatte.

Nach unsrer Ankunft erhielten wir Befehl, uns nicht anders als
in Paradeuniform auf den Straßen von Altona und Hamburg zu
zeigeu. Generalarzt Griesselich, der das Sanitätswesen der Brigade
leitete, erteilte mir persönlich nebst andern Weisungen auch die, recht
bald ein großes Feldspital zu besichtigen, das in Altona neu eiuge-
richtet worden war. Nachdem ich die nötigen Geschäfte in meinem
Quartier besorgt hatte, vertauschte ich meiue Dienstmütze mit dem
Paradehut der badischen Militärärzte, suchte das Feldspital auf, mit
 
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