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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0445

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Widerwärligkeilen und Heimkehr,

uäm 11. Mai, einige Wochen, nachdem ich die Heimat ver-
lassen, nahm die Meuterei des badischen Heeres in Rastatt ihren An-
fang, verbreitete sich von da wie eine ansteckende Seuche über alle
Standorte im Großherzogtum und verhalf der Umstnrzpartei zum Siege.
Sie ergriff fast sämtliche Truppenteile, der Großherzog und die meisten
Offiziere verließen das Land. Der Triumph der Revolution währte
nicht lange, die Niederlage der Aufständischen bei Waghäusel am
21. Jnni bereitete ihr ein Ende mit Schrecken.

Wie konnte es kommen, daß die badische Armee, wie auf einen
Schlag, Pflicht und Eid vergaß, alle Mannszucht abwarf und mit Sack
und Pack ins Umstnrzlager überlief, nachdem sie doch noch im Jahr
zuvor bei den Aufständen von Hecker und Struve sich völlig zuverlässig
erwiesen hatte? Der Ursachen waren es mehrere und es verlohnt sich,
sie genau zu keunen.

Jn Baden bestand die Konscription, die Wohlhabenden konnten
sich vom Militärdienste loskaufen, sog. Einsteher traten für sie ein.
Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht machte dem Einstands-
wesen ein Ende; die badische Regierung schaffte es ab, nachdem sie
die deutschen Grundrechte anerkannt hatte, die vom Parlament in
Frankfurt aufgestellt und von der Reichsregiernng verkündet worden
waren. Bisher waren es fast nur gediente Soldaten gewesen, die
Einstandsverträge abgeschlossen hatten, die meisten Unterofflziere waren
Einsteher, sie konnten, wenn sie aus dem Heere schieden, mit dem
erworbenen Kapital bürgerliche Geschäfte gründen. Die Aenderung
 
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