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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0447

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Widerwärtigkeiten und Heimkehr.

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sprochen wurden. Das Los der Angehörigen nnd Freunde zu Hause
gab Grund genng zu Befürchtungen und Sorge. Auch war es klar,
daß die unsinnige Erhebung ein schlimmes Ende nehmen und die Aus-
sicht auf die Erfüllung der patriotischen Hoffnungen des Frühjahrs
1848 immer trüber werden mnßte.

Bald. nachdem der Großherzog das badische Land verlassen hatte,
begab sich eine wunderliche Geschichte im Bataillon Porbeck, die sogar
in den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Sachsen-Koburg (Bd. 1
S. 44) Aufnahme fand. Einer der Hauptleute, namens Schwartz,
war durch die Vorgänge daheim aus Rand und Band gekommen,
wozu es bei ihm freilich nicht viel brauchte. Er war ein braver
Soldat und bei den Kameraden wohlgelitten, galt auch für einen guten
Mathematiker und hatte in der Kriegsschule Uuterricht erteilt, aber
er war eiu närrischer Kautz, ein konfuser und, wie mir schien, im Kopfe
nicht ganz richtiger Mensch. Wie der Herzog erzählt, brachte ihm
der Hauptmann die Gage, die ihm eben ausbezahlt worden war, mit
der Erklärung, er nehme das Geld nicht an, weil es ihm nicht von
der badischen provisorischen Regierung ausbezahlt worden sei. Einen
Großherzog habe er nicht mehr, und von Preußen, das mit seinem
Vaterlande Krieg führe, wolle er nicht einen Groschen haben, er sei
daher genötigt, ohne Gage zu dienen. — Es ist merkwürdig, daß der
Herzog nicht erkannte, wessen Geistes Kind der Hauptmann war, merk-
würdiger noch, daß Oberstlieutenant v. Porbeck darüber im Tunkeln
blieb, er kam eben, bei seinem kühlen, vornehmen Wesen, seinen Offi-
zieren nicht nahe genug. Ein Demokrat, wie v. Porbeck meinte, war
der arme Schwartz nicht. Erst wenige Tage vorher hatte er mich
ins Vertrauen gezogen: er wolle seine Entlassung nehmen, nach Baden
gehen und im Schwarzwald für den Großherzog einen Guerillas-Krieg
entzünden!

Von dem Herzog ging Schwartz in Begleitung von zwei befreun-
deten Hauptleuten, die sich ihm anschlossen, um ihn zu beruhigen, zu
dem Oberstlieutenant und meldete ihm, was er dem Herzog vorge-
tragen hatte. Es kam zu einer lebhaften Verhandlung, und weil es
darüber Mittag wurde, speisten die drei Herren mit dem Stabe.
Außer ihnen nahmen der Adjutant des Bataillons, zwei bis drei
 
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