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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0450

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Widerwärtigkeiteil und Heimkehr.

«in, kam bald vergnügt wieder herans und eilte auf mich zn: „Jch
hab' es Jhnen ja gesagt, sie können uns nichts anhaben, ich hole mir
jetzt meine Diäten!"

Hauptmann Schwartz ist derselbe, dessen Johannes Proelß in seinem
„Dichten und Leben Schesfels" (S. 157—163) gedenkt, weil er dem
Dichter unbegreifliche Widerwärtigkeiten bereitete, als dieser in der
Stelle eines Rechtspraktikanten in Säckingen verweilte. Es war kurz
nach der Revolution und man versteht seine auffallenden Handlungen
1819 in Schleswig und 1850 in Säckingen nur, wenn man weiß,
daß der Hauptmaun iu der Jrrenanstalt Jllenau endete. Jm Herbste
1855 machte ich dort psychiatrische Studien, traf meinen alten Kriegs-
kameraden Schwartz und habe manchen Spaziergang mit ihm ausge-
sührt. Er war uuheilbar krank, doch fand ich ihn kaum konfuser, als
im Sommer 1819 in Schleswig-Holsteiu.

Nach dem Hauptmann trat ich bei dem Minister ein. Er war
ein Herr, der in allgemeinem Ansehen stand und dessen würdige Art
meine Sympathie gewann. Er empfing mich mit den Worten: „Sie
sind mir als ein Erzdemokrat bezeichnet." Jch fragte, ob man mir
das leiseste Vergehen zur Last legen könne? Jch wolle meine poli-
tische Ueberzengung nicht verheimlichen und betrachte die Ablehnung
der Reichsverfassung von Seiten Preußens für ein Unglück. Er hörte
mich ruhig an und meinte, meine Ueberzeugung teilten ganz loyale
Lente. Er wolle die Unterredung kurz machen. Er sei entschlossen
gewesen, mir den Abschied zu geben, habe aber Erkundigungen ein-
gezogen, die so zu meinen Gunsten lauteten, daß er seinen Entschluß
ändere, ich könne somit weiter dienen. Jch dankte und bat um acht
Tage Urlaub, den er mir ohne weiteres gewährte.

Die Freude des Wiedersehens mit meiner Familie und meiner
Braut war groß. Das Gerücht hatte die auffallend beschleunigte
Heimkehr zu der Erzählung aufgebauscht, Schwartz und ich seien wegen
Aufruhrs in Schleswig verhaftet und in Ketten nach Rastatt in die
Kasematten verbracht worden.

Nach abgelaufenem Urlaub erhielt ich zuerst den Befehl, mich in
Kehl, und acht Tage später den, mich in Rastatt zum Dienste zu melden.
Hier, in Rastatt, wurde mir unvermutet klar, weshalb Oberstlieutenaut
 
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