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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0500

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Gelähmt.

t^achdem ich mich drei Jahre, bis zum Februar 1853, iu Kaudern
stets wohl befunden, hielt ich mich allen Anstrengungen der Praxis für
gewachsen, doch ich wurde jetzt eines andern belehrt. Der Winter war
bis dahin auffallend milde verlaufen, die Rofenstöcke in den Gärten
trieben noch im Dezember und Januar Blüten, erst im Februar kam
Schneefall und Eis. Den ganzen Winter hindnrch war der Kranken-
stand groß gewefen, jetzt wnchs er zu einer solchen Höhe, daß ich die
Praxis kaum bewültigen konnte. Es verfloß kaum eine Nacht, wo ich
nicht durch die Hausglocke aus dem Bette getrieben wurde, um zu
ordinieren oder Kranke, bald in der Stadt, bald auf den Dörfern
zu besuchen, ich konnte nnr felten mehr zur rechten Zeit speisen, aß
auch nicht genug, endlich kleidete ich mich, um nicht in meinen Be-
wegungen, namentlich beim Reiten in den Bergen, behindert zu sein,
viel zu leicht. Weun ich den Wagen benützte, mußte ich mir felbst
deu Kutscher macheu. Mein Pferd, Reit- und Wagenpferd zugleich,
reichte mir zuletzt nicht mehr aus, ich mußte noch ein zweites haben.

Albert Bizius, der Berner Pfarrer, der unter dem Namen Jeremias
Gotthelf die besten Bauernromane schrieb, die ich kenne, hat in der meister-
haft aus der Wirklichkeit gegriffenen Geschichte: „Wie Anna Jowaeger
haushaltet und wie es ihr mit dem Doktern erging", die Strapazen der
Gebirgspraxis getreu geschildert. Jch darf dies behaupten, denn ich
habe sie aus eigeuer Erfahrung zur Genüge kennen gelernt. Auch ein
Körper von Stahl lüuft da Gefahr zu erliegen und von Stahl war der
meinige nicht. Zwei meiner fpäteren Freiburger Afsistenzärzte, tüchtige,
 
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