Die Sammlung- Thewalt.
Mit der Versteigerung der Kunstschätze des am 1. August 1902 verstorbenen Beigeordneten a. D. Karl Thewalt wird
eine der ältesten und bekanntesten Privatsammlungen kunstgewerblichen Inhaltes in Deutschland wieder aufgelöst.
Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, war sie das Ergebnis einer etwa vier Jahrzehnte
umfassenden eifrigen und findigen Tätigkeit. Obwohl Tliewalt die glücklichen Zeiten der Konkurrenzlosigkeit nicht mehr
genossen hat, obwohl gerade in Köln früher und stärker als anderwärts in Deutschland der Wettbewerb auf dein Gebiete
kunstgewerblicher Altertümer sich regte, gehörte er als Sammler doch noch ganz dem älteren Typus an, der nicht durch
die Unbeschränktheit der Mittel zum Ziele kam, sondern der einer rein persönlichen Arbeit unermüdlichen Suchens und
Findens, der Sicherheit des Blickes und der raschen Entschlossenheit, wie der Überlegenheit der Kennerschaft seine grossen
Erfolge verdankte. Er pflegte noch die mit Trouvaillen rechnende Form des Kunstsammelns, die heute kaum mehr durch-
führbar, jedenfalls nur in seltenen Fällen noch fruchtbringend ist, seit mit dem Versiegen des fluktuierenden Vorrats hoch-
klassiger Kunstgegenstände eine oft phantastische Preissteigerung die brutale Kapitalskraft zum herrschenden Faktor auf
dem Kunstmarkt gemacht liat.
Vor dreissig und vor zwanzig Jahren, als die Sammlung Thewalt in ihren wesentlichen Teilen geschaffen worden
ist, war es einem so kenntnisreichen, leidenschaftlichen und geschäftskundigen Kunstfreund noch möglich, nicht nur eine
umfangreiche, sondern auch eine wirklich sorgfältig ausgewählte Sannnlung mit begrenzten Mitteln zusammenzubringen.
Man erkennt in der Auswahl ihrer Bestände leicht den Geschmack ihrer Entstehungszeit, die den Werken der
Renaissance eine entschiedene Vorliebe entgegen brachte. Thewalt hat diese schönheitsfrohe und jede Technik spielend
beherrschende Stilperiode noch viel ausschliesslicher bevorzugt, als der für viele Sammler vorbildliche F. Spitzer, der Meister-
sammler jener Jahre. Ihren selbständigen Charakter liat die Sammlung Thewalt durch die konsequente Durchforschung
und Ausnutzung des nächstliegenden, das heisst des rheinischen, Kunstgebietes erhalten.
Diesem fruchtbaren heimischen Boden verdankt sie alle ihre Möbel, deren beste Stücke nachweislich stadtkölnischen
Ursprungs sind, einen sehr beträchtlichen Teil der unvergleichlichen Gläsersammlung und die ganze Abteilung des rheinischen
Steinzeugs.
Die letztere Gruppe, weit über 200 Stück umfassend, kann neben den zwei grossen privaten Spezialsammlungen
rheinischer Krüge in Köln und Aachen mit Ehren bestehen. Denn sie bietet eine vollständige Übersicht dieses urwüchsigen
Zweiges der deutschen Renaissancekeramik in allen seinen Erscheinungsformen und — was wichtiger ist — von jedem Be-
triebsort auserlesene Werke von iiöchster Vollendung. Es fehlt nicht an seltenen und interessanten Inkunabeln der Frühzeit
des Steinzeugs, wie den Gefässen Nr. 5 und 53, noch auch an den feinen gotisierenden Erzeugnissen der Kölner Krug-
bäckerei in der Maximinenstrasse (Nr. 10, 21, 24), die ausserlialb des kölnischen Kunstgewerbe-Museums nur ganz vereinzelt
zu sehen sind. Die Schnabelkanne Nr. 27 ist 1889 im Ofen des Komödienstrassenbetriebes gefunden worden; die grossen
braunen Pinten oder Schnellen (Nr. 28, 29, 31) sind die Vertreter einer dritten stadtkölnischen Krugbäckerei, deren Werkstatt
noch nicht bestinmit worden ist.
Wie richtig es ist, den Siegburger Töpfern die grösste Sorgfalt in der Durcharbeitung der Gefässe und ihres Relief-
schmuckes als Hauptvorzug nachzurühmen, zeigt neben zahlreichen Schnellen die Schnabelkanne vom Jahre 1591 (Nr, 91),
die man ohne Einschränkung als das edelste Erzeugnis der Abteistadt bezeichnen darf, das uns noch überkommen ist.
Raeren glänzt durch eine lange Reihe der grossen braunen oder blaugrauen Schenkkannen, unter welclien die Arbeiten der
beiden führenden Künstler Jan Emens und Baldem Mennicken (Nr. 128, 130, 135, 150, 152 und andere) liervorragen.
Aucli der Westerwald mag mit manchem Stiick an dieser Gruppe beteiligt sein, denn eine glatte Scheidung zwischen
Raerener und westerwäldischem Steinzeug ist noch nicht durchführbar.
Die buntfarbig emaillierten Kreussener Krüge bleiben ihrer Zahl nach hinter den rheinischen Arbeiten weit zuriick;
die kleine Abteilung enthält aber ausser den gangbaren Typen der Apostel-, Jagd- und Planetenkriige in dem fein gemalten
Kurfürstenkrug Nr. 225 ein ganz ungewöhnliches Stück, das über das handwerksmässige Niveau der Durchschnittsware
beträchtlich hinausragt.
Die süddeutsche Töpferkunst des 16. Jalirhunderts ist ebenfalls mit einem Hauptwerk ersten Ranges vertreten; der
Nürnberger Hafnerkrug Nr. 249 von über einen halben Meter Höhe ist das stattlichste und besterhaltene Beispiel seiner
Gattung, deren Wert dadurch nicht verringert wird, dass die ältere Hypothese, welche alle Kriige dieser Art mit dem Namen
Augustin IJirschvogel in Verbindung brachte, sich als nicht haltbar erwiesen hat. Auch hier ist, obwohl es nach Ausweis
der Wappen um ein sicheres Ntirnberger Stück sich handelt, an die Autorschaft Hirschvogels nicht zu denken, da dessen
Mit der Versteigerung der Kunstschätze des am 1. August 1902 verstorbenen Beigeordneten a. D. Karl Thewalt wird
eine der ältesten und bekanntesten Privatsammlungen kunstgewerblichen Inhaltes in Deutschland wieder aufgelöst.
Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, war sie das Ergebnis einer etwa vier Jahrzehnte
umfassenden eifrigen und findigen Tätigkeit. Obwohl Tliewalt die glücklichen Zeiten der Konkurrenzlosigkeit nicht mehr
genossen hat, obwohl gerade in Köln früher und stärker als anderwärts in Deutschland der Wettbewerb auf dein Gebiete
kunstgewerblicher Altertümer sich regte, gehörte er als Sammler doch noch ganz dem älteren Typus an, der nicht durch
die Unbeschränktheit der Mittel zum Ziele kam, sondern der einer rein persönlichen Arbeit unermüdlichen Suchens und
Findens, der Sicherheit des Blickes und der raschen Entschlossenheit, wie der Überlegenheit der Kennerschaft seine grossen
Erfolge verdankte. Er pflegte noch die mit Trouvaillen rechnende Form des Kunstsammelns, die heute kaum mehr durch-
führbar, jedenfalls nur in seltenen Fällen noch fruchtbringend ist, seit mit dem Versiegen des fluktuierenden Vorrats hoch-
klassiger Kunstgegenstände eine oft phantastische Preissteigerung die brutale Kapitalskraft zum herrschenden Faktor auf
dem Kunstmarkt gemacht liat.
Vor dreissig und vor zwanzig Jahren, als die Sammlung Thewalt in ihren wesentlichen Teilen geschaffen worden
ist, war es einem so kenntnisreichen, leidenschaftlichen und geschäftskundigen Kunstfreund noch möglich, nicht nur eine
umfangreiche, sondern auch eine wirklich sorgfältig ausgewählte Sannnlung mit begrenzten Mitteln zusammenzubringen.
Man erkennt in der Auswahl ihrer Bestände leicht den Geschmack ihrer Entstehungszeit, die den Werken der
Renaissance eine entschiedene Vorliebe entgegen brachte. Thewalt hat diese schönheitsfrohe und jede Technik spielend
beherrschende Stilperiode noch viel ausschliesslicher bevorzugt, als der für viele Sammler vorbildliche F. Spitzer, der Meister-
sammler jener Jahre. Ihren selbständigen Charakter liat die Sammlung Thewalt durch die konsequente Durchforschung
und Ausnutzung des nächstliegenden, das heisst des rheinischen, Kunstgebietes erhalten.
Diesem fruchtbaren heimischen Boden verdankt sie alle ihre Möbel, deren beste Stücke nachweislich stadtkölnischen
Ursprungs sind, einen sehr beträchtlichen Teil der unvergleichlichen Gläsersammlung und die ganze Abteilung des rheinischen
Steinzeugs.
Die letztere Gruppe, weit über 200 Stück umfassend, kann neben den zwei grossen privaten Spezialsammlungen
rheinischer Krüge in Köln und Aachen mit Ehren bestehen. Denn sie bietet eine vollständige Übersicht dieses urwüchsigen
Zweiges der deutschen Renaissancekeramik in allen seinen Erscheinungsformen und — was wichtiger ist — von jedem Be-
triebsort auserlesene Werke von iiöchster Vollendung. Es fehlt nicht an seltenen und interessanten Inkunabeln der Frühzeit
des Steinzeugs, wie den Gefässen Nr. 5 und 53, noch auch an den feinen gotisierenden Erzeugnissen der Kölner Krug-
bäckerei in der Maximinenstrasse (Nr. 10, 21, 24), die ausserlialb des kölnischen Kunstgewerbe-Museums nur ganz vereinzelt
zu sehen sind. Die Schnabelkanne Nr. 27 ist 1889 im Ofen des Komödienstrassenbetriebes gefunden worden; die grossen
braunen Pinten oder Schnellen (Nr. 28, 29, 31) sind die Vertreter einer dritten stadtkölnischen Krugbäckerei, deren Werkstatt
noch nicht bestinmit worden ist.
Wie richtig es ist, den Siegburger Töpfern die grösste Sorgfalt in der Durcharbeitung der Gefässe und ihres Relief-
schmuckes als Hauptvorzug nachzurühmen, zeigt neben zahlreichen Schnellen die Schnabelkanne vom Jahre 1591 (Nr, 91),
die man ohne Einschränkung als das edelste Erzeugnis der Abteistadt bezeichnen darf, das uns noch überkommen ist.
Raeren glänzt durch eine lange Reihe der grossen braunen oder blaugrauen Schenkkannen, unter welclien die Arbeiten der
beiden führenden Künstler Jan Emens und Baldem Mennicken (Nr. 128, 130, 135, 150, 152 und andere) liervorragen.
Aucli der Westerwald mag mit manchem Stiick an dieser Gruppe beteiligt sein, denn eine glatte Scheidung zwischen
Raerener und westerwäldischem Steinzeug ist noch nicht durchführbar.
Die buntfarbig emaillierten Kreussener Krüge bleiben ihrer Zahl nach hinter den rheinischen Arbeiten weit zuriick;
die kleine Abteilung enthält aber ausser den gangbaren Typen der Apostel-, Jagd- und Planetenkriige in dem fein gemalten
Kurfürstenkrug Nr. 225 ein ganz ungewöhnliches Stück, das über das handwerksmässige Niveau der Durchschnittsware
beträchtlich hinausragt.
Die süddeutsche Töpferkunst des 16. Jalirhunderts ist ebenfalls mit einem Hauptwerk ersten Ranges vertreten; der
Nürnberger Hafnerkrug Nr. 249 von über einen halben Meter Höhe ist das stattlichste und besterhaltene Beispiel seiner
Gattung, deren Wert dadurch nicht verringert wird, dass die ältere Hypothese, welche alle Kriige dieser Art mit dem Namen
Augustin IJirschvogel in Verbindung brachte, sich als nicht haltbar erwiesen hat. Auch hier ist, obwohl es nach Ausweis
der Wappen um ein sicheres Ntirnberger Stück sich handelt, an die Autorschaft Hirschvogels nicht zu denken, da dessen