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Lübke, Wilhelm
Grundriss der Kunstgeschichte — Stuttgart, 1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.2899#0063
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Kap. III. Die Kunst des westlichen Asiens. A. Phönizier und Hebräer. 43

■wirklich erhaltenen Werken nachweislich oder mit Wahrscheinlichkeit auf
phönizischen Ursprung gedeutet werden kann, besteht entweder aus mäch-
tigen Ufer- oder Dammbauten, wie auf der Insel Arvad (Aradus) gegen-
über der syrischen Küste und an einigen Punkten der afrikanischen Küste,
oder wo Tempelreste sich erhalten haben, wie auf den Inseln Gozzo und
Malta (die sogenannte Giganteia), auf Cypern die Spuren des alten Venus-
heiligthums, zeigt sich eine durchaus unkünstlerische primitive Boheit der
Anlage, die höchstens durch reichen Metallschmuck ein dem orientalischen
Charakter zusagendes höheres Gepräge erhalten konnte. — Noch roher,
wahrhaft barbarisch abschreckend ist das Wenige, was an bildnerischen
Werken, Götteridolen u. dgl. gefunden wurde. Uebrigens beweisen die Nach-
richten der Alten von dem Bilde des Gottes Moloch, das entweder die
Gestalt eines Stieres oder eines stierhäuptigen Menschen hatte, dass in
•der Personifikation der Götterbegriffe durch die bildende Kunst die Phö-
nizier ähnlichen Anschauungen folgten, wie die Aegypter und die Völker
des mittleren Asiens.

Von der Kunst der Hebräer ist noch weniger zu sagen. In der
Baukunst, wie wir sahen, durchaus von den Phöniziern abhängig, wurden
sie durch den Monotheismus und das strenge Gesetz Mosis von der Dar-
stellung des Göttlichen durch die Kunst abgehalten. Dagegen wissen wir,
dass die Goldplatten, welche das Innere des salomonischen Tempels beklei-
deten, mit reichlichen Darstellungen von Blumen und Palmen, sowie von
Cherubgestalten geschmückt waren. Ausserdem schlössen Cherubim, in
Cedernholz geschnitzt und mit Gold überzogen, das Allerheiligste vom übrigen
Tempelraum ab. Selbst in den Gestalten dieser Engel, die in den heiligen
Schriften als menschliche Körper mit vier Plügelpaaren vorgestellt werden,
von denen zwei den Leib bedecken, erkennt man unzweifelhaft persische
Anschauungen und wird unwillkürlich an jenes Reliefbild des Cyrus (S. 36)
erinnert. — Die Einrichtung des Tempels zu Jerusalem, die einen Gegen-
stand vielfachen gelehrten Streites abgegeben hat, mag archäologischer Er-
örterung überlassen bleiben.

B. DIE VÖLKER KLEINASIENS.

Aus der gewaltigen asiatischen Ländermasse schiebt sich westwärts
ein Gebiet halbinselartig vor, welches, vom Schwarzen, dem Aegäischen
und dem Mittelmeer umfasst, mit tief eingeschnittenen, buchtenreichen
Küsten dem Occident, zunächst dem Lande der europäischen Griechen,
sich entgegenstreckt. Die stark entwickelte, hafenreiche Küste, die von
 
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