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592 Viertes Buch. Die Kunst der neueren Zeit.

Malerei. Er hat dies neue Medium, durch welches die Körper halb ver-
hüllt, halb entschleiert nur um so reizender, verführerischer erscheinen,
entdeckt und zu wunderbarer Vollendung gesteigert.. Für ihn ist es das
eigentliche Mittel, durch welches seine Kunst wirkt. Ihm opfert er höheren
Styl, edlere Zeichnung, würdigere Anordnung; ihm zu Liebe verliert er
sich selbst zu fehlerhafter Formgebung, zu einer ins Allgemeine abge-
flachten, selbst ins Kokette entartenden Charakteristik und zu einer Com-
positionsweise, in der die Farbenwirkung das Bestimmende ist, jede ideale
Bedingung völlig zurückgedrängt und desshalb eine unbegrenzte Anwendung
aller erdenklichen Verkürzungen gemacht wird.

Sein frühestes datirtes Werk, aus dem zwanzigsten Lebensjahre des
Künstlers stammend (1514), ist das grosse Altarblatt der thronenden Ma-
donna mit den Heiligen Franziscus und Antonius, Johannes dem Täufer
und Katharina, im Museum zu Dresden. Es zeigt noch einige Befangen-
heit, dabei im Ausdruck und der Charakteristik Anklänge an Lionardo,
im Colorit schon eine weiche, verschmolzene Durchführung. Ebenfalls der
früheren Zeit gehört das liebenswürdige Bild der Euhe auf der Flucht
nach Aegypten an, das die Tribuna der Uffizien bewahrt, ein anmuthiges
Idyll, schon vollendeter in der Behandlung der Farbe, und noch ohne alle
spätere Manier im Ausdruck. Auch die ebendort befindliche Madonna,
welche das vor ihr liegende Kind anbetet, zählt zu seinen anmuthigsten
und am reinsten empfundenen Werken, von herrlichem Ton im Helldunkel,
die Madonna zwar ohne idealere Auffassung, aber ganz holdselige Mutter-
liebe. Sodann stammt das grosse Bild der Kreuztragung im Museum zu
Parma, ein Werk von ergreifender Wirkung, aus derselben Epoche.

Mit dem Jahr 1518 beginnt für Correggio ein Wendepunkt, der ihn
auf die vollendete Höhe seiner Kunst zu führen bestimmt war. Er wurde
nach Parma berufen, um eine Anzahl höchst bedeutender und umfang-
reicher Fresken auszuführen. Zuerst galt es die Ausschmückung eines
Saales in dem Nonnenkloster S. Paolo. Von dem durchaus weltlichen,
glanzvollen Leben in den damaligen geistlichen Stiftungen legt der Gegen-
stand dieser Darstellungen ein sprechendes Zeugniss ab. Es sind Scenen
der antiken Mythologie, Geschichten der Diana und andre kleinere Bilder,
die er hier ausführte und in denen er den heitersten Eeiz, die holdseligste
Grazie seines Styles entfaltete. Besonders anmuthig ist das Gewölbe als
Weinlaube gemalt, durch deren ovale Oefmungen schalkhafte Genien voll
köstlicher Naivetät hereinschauen. Zwei Jahre später erhielt Correggio
den ungleich bedeutenderen Auftrag, zuerst die Altarapsis, dann die
Kuppelwölbung von S. Giovanni auszumalen. Von den Fresken der ersteren
ist nur wenig erhalten, da dieselbe später abgerissen wurde; dagegen sind
die Gemälde der Kuppel noch unverletzt vorhanden. In der Mitte sieht
man Christus in der Glorie schweben, unter ihm die Gestalten der Apostel
 
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