272 Drittes Buch. Die Kunst des Mittelalters.
■ein.] Die prachtvolle Soplüeukirche ward zur Moschee umgewandelt und
gab mit ihrem grossartigen Kuppelbau ein Vorbild für die Gestaltung der
baulichen Anlagen, dem die orientalische Architektur sich um so williger
unterwarf, als die Kuppel ohnehin eine dem Morgenlande geläufige Form
war und schon in den früheren Epochen der arabischen Kunst Byzanz
einen grossen Einfluss auf die mohamedanischen Moscheen gewonnen hatte.
Ein imposanter, von einer Kuppel überspannter Centralbau bildet fortan
die Grundlage der türkischen Moscheen, denen die feine, schlanke, nadel-
artig zugespitzte Form der zahlreichen Minarets als pikanter Contrast
gegenübertritt. Unter den glanzvollen Werken dieser Art stehen die Moschee
Selim IL (1566—74) zu Adrianopel, ein Kuppelbau auf acht kolossalen
polygonen Pfeilern, sowie die vor Allen prachtvolle Moschee Soliman II.
zu Constantinopel, vollendet im Jahr 1555, obenan, letztere eine spitz-
bogige Umbildung der Sophienkirche. Neben ihr erhebt sich das Grabmal
des Sultans, ein achteckiger Kuppelbau von klarer Durchführung, mit
spitzbogigen gruppirten Fenstern und von ebenfalls spitzbogigem Säulen-
portikus umgeben. Diese drei Werke sind von dem berühmtesten osmanischen
Baumeiter Sinan ausgeführt.
Persien2 erlebte unter der Herrschaft des Islam, dem es seit den
Tagen Omars schon unterworfen war, eine lang andauernde Epoche hoher
geistiger und materieller Kultur. Wissenschaft und Dichtkunst blühten
an den Höfen der Statthalter der Kalifen, die sich bald losrissen und
eigne Dynastieen gründeten. Aber erst aus den späteren Epochen, seit
Timur gegen Ende des 14. Jahrhunderts das Land eroberte, sind bedeu-
tendere Denkmale vorhanden, die eine glanzvolle Entwicklung der orien-
talischen Kunst bekunden. Einen entscheidenden Einfluss gewann die
osmanische Architektur auf die persische, seit sie durch Eroberung Con-
stantinopels in der Sophienkirche ein Muster für die grossartige Entwick-
lung der Moscheenanlage gewonnen hatte. So sollte Byzanz selbst in
seinem Untergange noch sowohl auf den Orient wie auf denOceident (wie
wir später sehen werden) befruchtend einwirken. Auch die persischen
Moscheen nehmen den Kuppelbau auf polygoner oder quadratischer Grund-
form an und gestalten ihn zu herrlicher Wirkung. Hohe Portale, reiche
Minarets, und zu alledem eine Dekoration, die mehr einem liebenswürdigen
Naturalismus in der Aufnahme von Blumen- und Pfianzenformen huldigt
und damit einen sanften, milden, heiteren Farbencharakter verbindet, das
sind die Grundzüge der persischen Bauten.
Eins der vollendetsten unter diesen Werken war die jetzt zertrümmerte
Moschee zu Tabriz, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (Fig. 137 auf
1 Denkm. d. Kunst, Taf. 39. — Travels of Ali Bey. Bd. II. — J. v. Hammer, Constantinopolis
und der Bosporus u. A.
a Denkm. d. Kunst, Taf. 40. — Texter, Deseription de l'Armcnie etc. Paris 1842 ff. Tom. II- —
Coste et Flaniin, Yoyage en Perse. — Ker Porter, Travels in Georgia, Persia etc.
■ein.] Die prachtvolle Soplüeukirche ward zur Moschee umgewandelt und
gab mit ihrem grossartigen Kuppelbau ein Vorbild für die Gestaltung der
baulichen Anlagen, dem die orientalische Architektur sich um so williger
unterwarf, als die Kuppel ohnehin eine dem Morgenlande geläufige Form
war und schon in den früheren Epochen der arabischen Kunst Byzanz
einen grossen Einfluss auf die mohamedanischen Moscheen gewonnen hatte.
Ein imposanter, von einer Kuppel überspannter Centralbau bildet fortan
die Grundlage der türkischen Moscheen, denen die feine, schlanke, nadel-
artig zugespitzte Form der zahlreichen Minarets als pikanter Contrast
gegenübertritt. Unter den glanzvollen Werken dieser Art stehen die Moschee
Selim IL (1566—74) zu Adrianopel, ein Kuppelbau auf acht kolossalen
polygonen Pfeilern, sowie die vor Allen prachtvolle Moschee Soliman II.
zu Constantinopel, vollendet im Jahr 1555, obenan, letztere eine spitz-
bogige Umbildung der Sophienkirche. Neben ihr erhebt sich das Grabmal
des Sultans, ein achteckiger Kuppelbau von klarer Durchführung, mit
spitzbogigen gruppirten Fenstern und von ebenfalls spitzbogigem Säulen-
portikus umgeben. Diese drei Werke sind von dem berühmtesten osmanischen
Baumeiter Sinan ausgeführt.
Persien2 erlebte unter der Herrschaft des Islam, dem es seit den
Tagen Omars schon unterworfen war, eine lang andauernde Epoche hoher
geistiger und materieller Kultur. Wissenschaft und Dichtkunst blühten
an den Höfen der Statthalter der Kalifen, die sich bald losrissen und
eigne Dynastieen gründeten. Aber erst aus den späteren Epochen, seit
Timur gegen Ende des 14. Jahrhunderts das Land eroberte, sind bedeu-
tendere Denkmale vorhanden, die eine glanzvolle Entwicklung der orien-
talischen Kunst bekunden. Einen entscheidenden Einfluss gewann die
osmanische Architektur auf die persische, seit sie durch Eroberung Con-
stantinopels in der Sophienkirche ein Muster für die grossartige Entwick-
lung der Moscheenanlage gewonnen hatte. So sollte Byzanz selbst in
seinem Untergange noch sowohl auf den Orient wie auf denOceident (wie
wir später sehen werden) befruchtend einwirken. Auch die persischen
Moscheen nehmen den Kuppelbau auf polygoner oder quadratischer Grund-
form an und gestalten ihn zu herrlicher Wirkung. Hohe Portale, reiche
Minarets, und zu alledem eine Dekoration, die mehr einem liebenswürdigen
Naturalismus in der Aufnahme von Blumen- und Pfianzenformen huldigt
und damit einen sanften, milden, heiteren Farbencharakter verbindet, das
sind die Grundzüge der persischen Bauten.
Eins der vollendetsten unter diesen Werken war die jetzt zertrümmerte
Moschee zu Tabriz, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (Fig. 137 auf
1 Denkm. d. Kunst, Taf. 39. — Travels of Ali Bey. Bd. II. — J. v. Hammer, Constantinopolis
und der Bosporus u. A.
a Denkm. d. Kunst, Taf. 40. — Texter, Deseription de l'Armcnie etc. Paris 1842 ff. Tom. II- —
Coste et Flaniin, Yoyage en Perse. — Ker Porter, Travels in Georgia, Persia etc.