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Häßler, Hans-Jürgen; Rösing, Friedrich Wilhelm
Zur inneren Gliederung und Verbreitung der Vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet (Teil 1): Mit e. Beitr. von F. W. Rösing über Die Leichenbrände der eisenzeitlichen Gräberfelder von Bargstedt I, Harsefeld und Issendorf III (Kreis Stade) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1977

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65516#0043
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ob sie allein als Kriterium für eine Umschreibung einer Gruppe ausreicht. Daß hier nur die Summe
aller vergleichenden und unterscheidenden Faktoren zu einer Aufgliederung in regionale Gruppie-
rungen berechtigt, wird ferner dadurch erkennbar, daß scharfe Grenzen bei der Objektkartierung
nur selten zu ziehen sind und die Formen sich in der Regel überschneiden; wohl ein auf die
Kommunikation (Handel, Heirat usw.) zurückzuführender Umstand (R. HACHMANN, 1950). Die
Unterschiedlichkeit von Formen und Bestattungssitten sowie ihr quantitatives Vorkommen inner-
halb der einzelnen Gruppen untereinander wird in den sehr homogenen Kulturäußerungen im
gesamten Bereich der Jastorf-Zivilisation daher meist nur relativ deutlich erkennbar.
Eine Erklärung für die Existenz derartiger regionaler Unterschiede im Material- und Befund-
bestand kann nur spekulativ sein. H. KEILING (1969, 11 f.) hat darauf hingewiesen, daß für die
Herausbildung solcher Gruppierungen den wirtschaftlichen und geographischen Faktoren eine
besondere Bedeutung zufällt. Sicherlich kann die ökonomische Basis einen größeren Einfluß auf
die Grabausstattung gehabt haben. Interessant ist aber die Feststellung von H. KEILING (1969,
12), daß wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Verbreitungsgebieten der drei von ihm erarbei-
teten Formenkreise in Mecklenburg bisher nicht zu erkennen sind, was wiederum mehr dafür
spräche, daß die wirtschaftliche Struktur der einzelnen Kleinräume nicht so wesentlich für die Be-
antwortung dieser Frage zu sein braucht. Da die Formenkreise, wie Beispiele in Mecklenburg und
hier im südlichen Niederelbegebiet zeigen, auch nicht auf natürliche landschaftliche Einheiten
bezogen sein müssen, entfällt auch für eine geographische Begründung die zwingende Notwendig-
keit.
Man wird wohl nicht fehlgehen, auch in den geistig-religiösen Vorstellungen einer Gruppe, in
der traditionellen Gebundenheit oder in der Zugehörigkeit zu einer größeren politischen Einheit die
Motivation für diese Unterschiede zu suchen. Besonders letztere Begründung scheint für das hier
bearbeitete Gebiet zuzutreffen. Die Beantwortung der Frage, welche Wertung diesen politischen,
religiösen bzw. geistigen-philosophischen Unterschieden im Einzelfalle zufällt, kann nur hypotheti-
schen Charakters sein, zumal es sich bei den gruppenspezifischen Merkmalen z.T. nur um
Nuancen handelt. Immerhin sind diese Unterschiede im vorliegenden Falle aber doch so klar zu
erkennen, daß sie über einen längeren Zeitraum zu verfolgen sind. Zeitliche Kontinuität und Kon-
stanz der territorialen Grenzen sind somit wohl auch eines der Hauptkriterien für den Nachweis
von ethnischen Gruppierungen.
II. Die jüngere Bronzezeit
Eine auf diese Frage ausgerichtete Untersuchung der vorrömischen Eisenzeit müßte zwangs-
läufig auf eine bereits durchgeführte derartige Analyse der jüngeren Bronzezeit aufbauen. Leider
ist dies nicht möglich, da allein in Nordostniedersachsen dieser Abschnitt zwar eingehender, aber
auch noch nicht monographisch behandelt wurdet im übrigen Bereich des Arbeitsgebietes steht
eine umfassende Untersuchung noch aus60.
Vergegenwärtigt man sich den Forschungsstand für die Bronzezeit, so lassen sich für diese
Fragestellung folgende wesentliche Aussagen treffen. Für die ältere und mittlere Bronzezeit sind
zwei scharf gegeneinander abgesetzte Formenkreise zu erkennen. Die etwaige Kulturgrenze
zwischen diesen beiden Gruppen verlief etwa in einer Linie zwischen den Flüssen Seeve und Örtze,
die einen von Nord nach Süd gerichteten Verlauf aufweisen. Der östlich davon liegende Kultur-
kreis, in dem weitere Differenzierungen erkennbar sind, ist Kerngebiet der Lüneburger Kultur,
welche enge Verbindungen mit der süddeutschen Hügelgräberkultur aufweist (F. LAUX, 1971, 103
59 O. HARCK (1972). Man vergleiche dort die Ausführungen über die jüngere Bronzezeit.
60 Ein kurzgefaßter Forschungsabriß für die jüngere Bronzezeit dieses Gebietes findet sich bei H.-J. HÄSSLER (1974a,
27 ff.).

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